«Eine richtige mechaje!»

Thomas Meyer ist Werbetexter und Schriftsteller. Er ist Autor des Buches «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse», das für den diesjährigen Schweizer Buchpreis nominiert wurde.

Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt:

 

Herr Meyer, Sie waren lange Zeit Werbetexter. Und nun sind Sie plötzlich Schriftsteller. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich habe nie in diesen Kategorien operiert, sondern stets das gemacht, was mich interessierte. Als Autor bin ich seit 1998 tätig. Daher mache ich mit Wolkenbruch nichts Neues. Bloss etwas Langes.

 

Sie waren Autor beim «Kult» und gaben vor einiger Zeit eine Sammlung von Kolumnen namens «Die Federhure» heraus . Alles ziemlich unter der Gürtellinie. Wie erwachsen schätzen Sie Ihre Schreibkunst heute ein?

Ich hoffe, Sie gestehen mir etwas Entwicklung zu seit 1999.

 

Sie sind nicht der erste Werbetexter, der Bücher schreibt. Martin Suter ging auch diesen Weg. Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen einem Autor und einem Texter? Wo hört Werbung auf und wo beginnt Kunst?

Das ist eine schöne Frage. Wenngleich ich den Unterschied immer noch nicht zwingend sehe. Es geht doch primär um die Liebe zur Sprache und das Spiel mit ihr. Die Länge der Texte ist zweitrangig. Ich finde kurze Texte auch spannend. Ein ganz langer ist aber sicher am interessantesten. Und auch kurze können schlecht sein.

 

Wie schreibt sich denn ein Buch? Was muss man beachten, damit man nicht vom Weg abkommt? Haben Sie Tipps für die Hobby-Autoren unter uns? John Irving sagt, er beginne mit dem Ende und arbeite sich dann zum Anfang vor. Wie gehen Sie vor?

Die ehrlichste Antwort ist vermutlich: Ich gestalte mein Leben so um, dass es mich zum Schreiben zwingt. Aber Sie wollen einen ordentlichen Tipp. Ich habe einen: Wenn Sie nicht von allein draufkommen, wie man ordentlich schreibt, dann sollten Sie’s vermutlich bleibenlassen. Und noch einer: Bücher lesen hilft enorm. 

 

Sie danken in Ihrem Buch den freundlichen Damen im Café Sprüngli. Wie man lesen kann, haben Sie das Buch grösstenteils dort geschrieben. Wieso? Schreibt es sich da besser als zuhause?

Zuhause ist zuhause. Im Büro ist im Büro. Beides eignete sich schlecht fürs Schreiben. Im Sprüngli ist es gemütlich, ich bin gern da. Eines Tages packte ich den Computer aus, weil mir etwas einfiel, und seither schreibe ich gern in Cafés. Und nur da.

 

Als ich Ihr Buch las, hatte ich am Anfang ein wenig Mühe mit all den jiddischen Ausdrücken. Irgendwann ging es dann; meistens konnte ich mir einen Reim auf die Bedeutung machen. Beherrschen Sie es selber gut oder verwenden Sie es im Alltag?

Zweimal leider nein. Es war sehr präsent während des Schreibens und verdämmert jetzt wieder. Ich nehme aber gern das Glossar hervor zum Auffrischen. Schöne Wörter sind: pischechz, mechaje, potz, ganef, betamt.

 

Was fahren Sie eigentlich für ein Auto? Im Buch heisst es ja, dass alle Juden in Zürich einen Toyota Previa fahren.

Alle frommen zumindest. Ich fahre einen Seat Ibiza. Ein wunderbares ojto, eine richtige mechaje.

 

Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Meyer.



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Ein Kommentar zu “«Eine richtige mechaje!»”



  • Kälber und Politik | Das Supertext-Magazin am 13. November 2012 7:38 Uhr

    […] ganz cool sagen könnte: «Sehen Sie her, wir hatten das richtige Gschpüri, wir haben ihn bereits interviewt, bevor er den Preis erhalten hat.» Leider hat mir die Jury einen Strich durch die Rechnung […]


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