Ausreden – aber richtig!

Mit etwas Vorbereitung meistern auch Sie die Königsdisziplin des Textens: Ausreden, die höchste Form der Wahrheit.

Die beste Ausrede ist diejenige, die ohne mit der Wimper zu zucken als Wahrheit anerkannt wird. «Es kann gar nicht anders gewesen sein!» Und deshalb ist es auch gar nicht so schlimm, dass da ein Geschäftstermin verspätet erreicht oder ein Hochzeitstag vergessen oder ein Sexualpartner verwechselt wurde.

Watson und Crick, die Entdecker der DNS-Struktur, sagten einmal, dass die Wahrheit immer ganz einfach sei. Eine gute Ausrede liegt auf der Hand. Die Bedenkzeit dafür sollte demnach sehr, sehr, sehr kurz sein. Etwa so lange, wie Sie für die Lösung von 2 + 2 brauchen. Alles, was länger dauert, macht skeptisch. Zu recht! Stellen Sie sich vor, jemand würde die Unendlichkeit von 3 Sekunden für die Antwort «4!» brauchen. Sie würden annehmen, dass hier etwas nicht stimmen kann.

Sie aber wollen weder wie ein Dummkopf noch wie ein Lügner dastehen, wenn Ihnen eine Ausrede aus der Patsche helfen soll. Sondern wie jemand, der nichts dafür kann, dass es so gekommen ist, wie es kommen musste. Wie jemand, dem man eine Ausrede nicht nur nachsehen, sondern geradezu gönnen möchte.

Spontanität will gut vorbereitet sein.

Hier einige Tipps und Tricks:

Reden Sie nicht zu viel

Haushalten Sie mit Informationen. Erzählen Sie nicht jeden Tag brühwarm, was in Ihrem Leben alles passiert. Nur so können Sie einen überraschenden Verwandtenbesuch, einen eingewachsenen Zehnagel oder einen Wurf Meerschweinferkel nutzbringend einsetzen. Weil Sie die Wahrheit erzählen, werden Sie nicht nervös. Gedreht haben Sie lediglich an der Uhr.

Fühlen Sie mit

Bedenken Sie die Stimmung des Adressaten Ihrer Ausrede. Wie war sein Wochenende? Hat er eine Altglassammelstelle unter dem Schlafzimmerfenster? Bringen die Kinder gute Noten nach Hause? Wann hatte er das letzte Mal Sex? Hat er überhaupt Sex? Nutzen Sie Ihr ganzes Wissen. Lassen Sie Gerüchte nicht unberücksichtigt. Je besser Sie die Tagesform kennen, desto passgenauer die Ausrede.

Nutzen Sie Naturkatastrophen

Der eigene Körper bietet alles, um Nachsicht zu erzielen. Besonders die Verdauung und alle an ihr beteiligten Organe, Vorgänge und Ausgänge eignen sich hervorragend als Trigger für mitfühlendes Verständnis.

Machen Sie Ihr Gegenüber zum Komplizen

Was Sie über ihn wissen, wird Teil Ihrer Ausrede. Wenn Ihr Schreibtischnachbar auch schon mal Kopierpapier für Zuhause mitgenommen hat, dann können Sie sich dabei nun gerne einen Hexenschuss holen. Er wird Ihre Absenz bestimmt nicht an die grosse Glocke hängen wollen.

Repititio mater studiorum

Nur Anfänger denken sich für jede Ausrede etwas Neues aus. Verfestigen Sie durch stetes Wiederholen der immer gleichen Ausrede deren Glaubwürdigkeit. Was in der Werbung funktioniert, kann hier nicht falsch sein.

Ich wollte hier noch einige Tipps mehr aufzählen. Aber unsere eine Tochter, 9 Monate alt, hat einen unregelmässigen Schlafrhythmus. Also, eigentlich hat sie gar keinen. Und am Vorabend, bevor ich diesen Text abgeben musste, hing meine Frau wegen der ganzen durchwachten Nächte derart in den Seilen, dass ich helfen musste. Ich schickte sie zu Bett und hütete die Kleine. Locker würde ich meinen Beitrag hier zu Ende bringen, während sie durchs Office robbt. Aber sie ist ein Beisser. Die wird so schnell nicht müde. Dafür umso lauter. Anfangs schrieb ich mit ihr auf meinem Schoss. Erst zweihändig. Dann einhändig. Und dann bekam die Kleine Hunger und ich wollte nicht meine Frau wecken, die sie normalerweise stillt. Also ab in die Küche ein Toast mit Butter gemacht. Das liebt unsere Kleine. Sie schlief dann tatsächlich in meinem Arm ein. Aus Angst, dass ich sie aufwecken würde, wenn ich sie in ihre Bett legte, behielt ich sie in meinen Armen. Ich ging im Kopf durch, welche Punkte noch fehlen. Und wo ich etwas streichen würde. Dabei muss ich eingeschlafen sein.

Schlechte Ausrede? Dann schicken Sie uns jetzt Ihren Vorschlag!

Titelbild via Flickr: ticket – Robert Couse-Baker (CC BY 2.0)



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Ein Kommentar zu “Ausreden – aber richtig!”



  • Regula am 9. Juli 2014 12:51 Uhr

    In meinem Studiengang kursieren häufige Darmbeschwerden – die regelmässig dann stattfinden, wenn es um unliebsame Exkursionen oder graue Theorietage geht. Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis die Dozierenden verblüfft bemerken, wie häufig unterschiedlichste Krankheiten des Verdauungstraktes gleichzeitig auftreten können. Ich für meinen Teil stütze mich da lieber auf meine Migräne – die hat bisher ausser mir noch niemand…


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