Moules-frites

Moules-frites

Wie ein stadtbekanntes Lokal zu grundlegenden linguistischen Diskussionen führen kann oder: die korrekte Aussprache von «Les Halles».

Ich sitze mit einigen Arbeitskollegen am Tisch, trinke mein wohlverdientes Feierabendbier und geniesse die letzten Sonnenstrahlen. Mein Handy vibriert nervös in meiner Hosentasche, nur mit Mühe nestle ich es aus der Tasche, um gerade noch rechtzeitig abnehmen zu können: «Hallo? Ah, hoi, alles klar? Ja sicher, bin im Les Halles, chunsch au no?»

Der finstere Franzosenblick

Florence blickt mich böse an und fragt ungläubig: «Hast du das jetzt absichtlich so ausgesprochen?».
Ja, habe ich. Aber das gehört in Zürich zum guten Ton, alle machen es und niemand schämt sich dafür. Es geht um die Aussprache: Ich hatte während des Gesprächs «les‿halles» gesagt und dabei eine Liaison gemacht. Aber eigentlich muss es «le all» klingen. Das s wird nicht ausgesprochen. Eigentlich. Aber eben, alle sprechen es aus und wenn man von diesem Muster abweicht, wird man nicht verstanden.

Das h aspiré und das h muet

Im Französischunterricht haben wir alle mal gelernt, dass wenn ein Wort mit einem Vokal beginnt, der Konsonant am Wortende des vorangehenden Wortes ausgesprochen wird, obwohl er das sonst nicht wird. Also zum Beispiel das s beim Artikel «les» (z. B. les enfants). Diese Regel kommt zum Einsatz bei Wörtern, die mit einem Vokal beginnen. Bei unserem h handelt es sich um ein h aspiré, das zwar nicht ausgesprochen wird, aber dennoch eine Liaison verhindert; es verhält sich seiner Rolle entsprechend, es ist ein Konsonant. Ganz im Gegensatz zum h muet, das eine andere Anwendung im Französischen hat. Die Aussprache ist dieselbe, nur verlangt das h muet die Liaison. So zum Beispiel bei homme (les‿hommes). So weit so gut. Und wie weiss man, welches ein h muet und welches ein h aspiré ist? Florence meint: «Das weiss man eben». Toll.

Traditionen und neue Anfänge

Es ist mir klar, dass ich mit diesem Post vielleicht gerade eine Tradition zerstört habe. Denn die korrekte Aussprache des Lokals war immer ein Ausgangspunkt interessanter Diskussionen, die meist in die Konsumation von sehr viel Pastis mündeten. Man ging mit einem wirren Kopf aber dafür mit neuen Freunden aus dem Lokal heraus. In Zukunft könnte man die Diskussion ja damit beginnen, dass irgendein dahergelaufener Besserwisser die Tradition zerstört hat. Gemeinsame Feinde sind auch eine gute Basis für pastisgeschwängerte Diskussionen.

Titelbild via Flickr: Frédérique Voisin-Demery (CC BY 2.0)



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9 Kommentare zu “Moules-frites”



  • David am 12. September 2012 9:12 Uhr

    Französisch ist doch bekanntlich eine einfache Sprache…
    Die Regel ist nämlich einfach: Florence hat Recht – das weiss man eben!!
    :-)


  • Mauro Werlen am 12. September 2012 9:14 Uhr

    Ja, das haben meine Lehrer auch immer gesagt :)


  • patricia imhof am 12. September 2012 11:26 Uhr

    La plupart des „marques“ françaises sont prononcées bizarrement à Zurich, Lezalles ne font donc pas exception…
    Pourvu que personne ne m’empêche de mettre de la mayonnaise sur mes frites ;-)


  • Alexander Otth am 20. September 2012 10:31 Uhr

    En mon humble opinion, il faut tout faire pour corriger les erreurs. Donc, vous ne vous ferez jamais des „ennemis“ en corrigeant, de bonne humeur et avec le sourire bienveillant sur les lèvres, une erreur de prononciation grotesque comme „Lezalle“. A bon entendeur, salut !


  • Caroline am 20. September 2012 10:42 Uhr

    Pour la leçon deux: les hollandais, les haricots… Mein Mann spricht immer noch von den „Zollandais“, die dann auch noch „Zaricots“ essen… Hoffentlich klappt’s zumindest bei meinen Töchtern irgendwann ;-) L’espoir fait vivre… En tout cas, le problème ne semble pas se limiter à Zurich.
    Par contre, qu’est-ce que „chunsch au no?“ Quelle langue?


  • Mauro Werlen am 20. September 2012 11:31 Uhr

    Danke für die Kommentare, anscheinend sind da noch weitere Städte und Ortschaften betroffen. Fehler lassen sich wohl nicht geografisch eingrenzen.
    «Chunsch au no?» ist Schweizerdeutsch (in diesem Fall Züridütsch) und bedeutet «kommst du auch noch?».


  • David am 20. September 2012 11:47 Uhr

    Dans le langage courant, il est vrai qu’on rencontre souvent la liaison, par ex. „les [z]haricots“. Bon j’avoue que ça m’arrive aussi parfois… :-)
    En fait, la règle stipulée par l’Académie française est la suivante (je résume): le „h“ est muet dans la plupart des mots tirés de mots latins qui avaient un „h“ initial, par ex. habitude, héritier, histoire, humain, etc., ainsi que dans certains mots français tirés de mots latins sans „h“ initial, par ex. huile, huître, huissier, etc. Il s’aspire au contraire dans les mots français qui viennent de mots latins sans „h“, par ex. hache, haut, hérisson, etc., ainsi que dans tous les mots qui ne sont pas tirés du latin, par ex. honte, haricot, haie, hasard, etc.
    Cependant, ces règles sont sujettes à un certain nombre d’exceptions, donc au final c’est souvent le Sprachgefühl qui fait foi…
    On dit ainsi des haricots, des homards, des hasards, mais des [z]huissiers, des [z]hommes, des [z]humains, des [z]histoires…


  • Mauro Werlen am 20. September 2012 11:53 Uhr

    Das nenne ich mal eine Erklärung ;)


  • Fuchsi am 7. August 2022 11:21 Uhr

    Wow. Der Artikel bekräftigt wieder mal alle Vorurteile. Franzosen sind wohl echt unentspannt, was ihre Sprache angeht.


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