Jugendslang

Komasutra mit der Facebookschlampe

Über Jugendslang, die Inspirationsquellen und die Gründe, warum man sich keine Sorgen um die Sprache machen muss.

Gefällt Ihnen der Titel? Ich habe absichtlich Schlampe, Facebook und so etwas wie Kamasutra hingeschrieben. Damit Sie den Titel lesen. Und dann vielleicht noch den Rest des Artikels. Es geht allerdings nicht um die indischen Liebespraktiken, sondern um das Jugendwort des Jahres in Deutschland. Das ist nämlich «YOLO» und steht für «You only live once.» Carpe Diem für die neue Generation, wenn man so will. Früher brauchten wir extra die lateinische Version, um einigermassen intelligent zu klingen, heute ist das anscheinend egal.

S’Beschte wos je hets gits

Der Verlag Langenscheidt kürt seit 2008 jedes Jahr ein Wort zum Jugendwort des Jahres. Bei Jugendsprache handelt es sich um einen Jargon der Jugend, der dazu da ist, Identität zu stiften. Ein Teil dieser Identität ist, so sagt man, sich abzugrenzen von der Erwachsenenwelt. In den meisten Fällen gelingt das. Oder wissen Sie, was eine Waschbärfresse ist? Ich nicht. Ziel also erreicht. Oder man grenzt sich ab, indem man kreuzfalsche Ausdrücke selbstbewusst im Alltag verwendet. Zum Beispiel die Aussage im Zwischentitel; sie wurde 2009 in der Schweiz zum Jugendwort des Jahres gewählt.

Immer am Ball bleiben

Die Trends wechseln ständig, vieles ist nicht von Dauer, weshalb auch das neu gewählte Wort möglicherweise gar nicht gross verwendet wird. Der Tagi-Online befragte vor zwei Jahren ein paar Jugendliche auf der Strasse; die Ausdrücke sind heute wieder verschwunden, neue kamen dazu. Viele sind beeinflusst von Youtube-Videos. Bekannte Exponenten sind beispielsweise Ylmaz Z. vom Hauptbahnhof Zürich oder Herr Krasniqi aus Schwamendingen. Während meiner Lehrzeit, als ich selbst noch zur Jugend gehörte, war Osman sehr hoch im Kurs; er und seine Freunde gestalteten unser Vokabular zu dieser Zeit massgebend mit. Und wenn ich ehrlich bin: Eigentlich bin ich auch jetzt noch nicht gefeit vor solchen Videos, ich lasse mich gerne beeinflussen und nehme Neues in meinen Wortschatz auf.

Ich han Ehre, mann, ich han Stolz

Wie bereits gebeichtet, kannte ich mich sehr gut aus mit diesem Slang und bin trotzdem mehr oder weniger normal herausgekommen. Einige Erkenntnisse habe ich noch mitgenommen aus dieser Zeit: Erstens ist es absolut ungeil, wenn man als Institution versucht, sogenannte Jugendwörter zu definieren. Jugendsprache entwickelt sich von sich aus, und wir lachten über jene, die versuchten, uns und unsere Sprache in irgendwelche Schubladen zu versorgen. Zweitens kann ich alle besorgten Eltern beruhigen. Denn: Auch wenn man unter Freunden den Slang verwendet, kann man als Jugendlicher sehr wohl Situationen voneinander unterscheiden und das entsprechende Register wählen. Mit den Jungs vom Kifferbänkli spricht man anders als wenn es darum geht, als Lehrling mit Kunden zu telefonieren oder als Schüler mit der Lehrerin zu reden. Ich bin der lebende Beweis dafür. Dazu kommt, dass Sprache sowieso nicht starr ist, nie war und auch nicht sein wird. Sie bewegt sich, verändert sich und bleibt so am Leben. Goethe hatte das auch schon begriffen und meinte einst: «Ich hör‘ es gerne, wenn die Jugend plappert: Das Neue klingt. Das Alte klappert.»

 

Zur Auflösung obengenannter Ausdrücke:
Komasutra: versuchter Geschlechtsverkehr zwischen zwei sehr betrunkenen Personen.
Facebookschlampe: Facebook-User, der unbekannte Leute als Freunde hinzufügt oder akzeptiert, um seine Freundesliste zu vergrössern.
Waschbärfresse: Frau, die zu viel schwarzes Augen-Make-up aufgetragen hat.

Titelbild via Pexels (CC0)



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