Semikolon

Punkt, Punkt, Komma, Strich

Was macht eigentlich der Strichpunkt den ganzen Tag? Und warum sieht man ihn fast nirgends mehr? Eine Ode an ihn und eine kurze Erklärung über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.

Der Strichpunkt. Ein Satzzeichen, das ein Nischendasein fristet. Zu Unrecht. Als Fachperson dürfen Sie das Satzzeichen auch gerne Semikolon nennen, das wirkt sehr schlau. Noch schlauer wirken Sie aber, wenn Sie wissen, wie Sie das Semikolon richtig einsetzen. Denn meiner Meinung nach hat diese Strichpunktabsenz einen einfachen Grund: Viele wissen nicht, wie und wann man ihn einsetzt. Und darum lässt man es lieber sein. Ist im Übrigen eine gute Strategie, Unsicherheiten in der Rechtschreibung zu umgehen: Man wählt einen anderen Begriff, eine andere Satzstruktur oder eben ein anderes Satzzeichen.

Semikolon am richtigen Ort

Während meiner Zeit als Lehrling im KV pflegte unser Deutschlehrer zu sagen, dass man einen Strichpunkt einfach setzen kann, wenn ein Komma zu schwach ist und der Punkt zu stark. Das sagt auch der Duden. Da es sich aber nicht eindeutig festlegen lässt, was zu stark und was zu schwach ist, liegt die Setzung des Strichpunktes im Ermessen des Schreiberlings. Endlich. Sie dürfen also selbst entscheiden.

Aber wann ergibt so ein Semikolon Sinn? Ich verwende es am ehesten dann, wenn ich zwei Sätze, die einander inhaltlich sehr nahestehen, nicht durch einen Punkt auseinanderreisen will, und ein Komma den Satz irgendwie falsch klingen lässt: «Die Familie meiner Mutter stammt aus Italien; ich bin hingegen in der Schweiz aufgewachsen.» Man kann es aber auch verwenden, um Aufzählungen besser zu strukturieren: Die Abfahrtszeiten für die S12 sind: «Altstetten, 11:09 Uhr; Hardbrücke, 11:11 Uhr; Zürich HB, 11:16 Uhr.»

Bei Konjunktion und Adverbien wie «denn», «doch» oder «deshalb» besteht auch die Tendenz, ein Semikolon zu setzen. Zum Beispiel so: «Ich war gestern viel zu lange weg; deshalb sehe ich heute so toll aus.»

Feiern Sie mit mir das Revival

Sie sehen, die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Geben auch Sie dem Semikolon eine Chance und feiern Sie mit mir schon bald das Revival dieses schlauen Satzzeichens. Apropos schlau: Der Plural lautet übrigens Semikola.

Titelbild via Flickr: brackets – Tomek Niedzwiedz (CC0 1.0)



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4 Kommentare zu “Punkt, Punkt, Komma, Strich”



  • Sandra Loretan-Lengg am 19. Februar 2013 10:09 Uhr

    Grüezi Herr Werlen
    Was für ein schöner Beitrag! Ich liebe den Strichpunkt und brauche ihn sehr oft in meinem Alltag. Warum? Weil er eben speziell ist; nicht so hart wie der Doppelpunkt, trennt Sätze wunderbar, wenn man etwas näher auf ein Thema eingeht. Da bin ich froh, dass dessen Einsatz dem Schreiber überlassen ist – ich hoffe, dass ich dies auch im richtigen Zusammenhang mache. Es lebe der lustige Strichpunkt, eine wunderbare Abwechslung im Text!


  • Mauro Werlen am 20. Februar 2013 11:55 Uhr

    Grüezi Frau Loretan

    Schön, dass Ihnen der Beitrag gefällt. Und schön, dass ich nun jemanden mehr auf meiner Seite habe. Ein wunderbares Satzzeichen, das ich nicht missen möchte; es würde doch ein Loch in der Sprachlandschaft hinterlassen.


  • Urs Steudler am 21. Februar 2013 0:23 Uhr

    Guten Tag Herr Werlen
    Herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag. Ich liebe den Strichpunkt und verwende ihn sehr gerne. Da viele Schreibende den Strichpunkt heute vernachlässigen, schätze ich eben dieses Satzzeichen sehr.


  • Mauro Werlen am 22. Februar 2013 10:41 Uhr

    Vielen Dank, Herr Steudler.


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