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Wie Microsoft Office die Wirtschaft lähmt

Wir denken in Dateien und Dokumenten. Und genau das ist das Problem. Doch die Lösung liegt auf der Hand. Respektive in der Cloud.

Sie haben das Konzept für die Markteinführung und den Text für die Broschüre in Word geschrieben, die Kostenaufstellung in Excel kalkuliert und für die Präsentation ein paar Slides in PowerPoint erstellt. Vier Dateien liegen in Ihrem Ordner. Durchatmen. Denn Sie wissen, was jetzt kommt. Und Sie hassen es.

Das Konzept schicken Sie zwecks Feedback zwei Mitarbeitern und dem Abteilungsleiter, die Broschüre an die Werbeagentur, die Kostenaufstellung dem CEO und dem Finanzchef.

Die beiden Mitarbeiter schreiben, Gott sei Dank, direkt in Ihr Dokument. Der eine brav im Änderungsmodus, der andere überschreibt mit Rot, weil er auch nach 10 Jahren Office noch nicht weiss, wie man den Änderungsmodus einschaltet. Der Abteilungsleiter weiss es zwar, schickt Ihnen und den anderen beiden Mitarbeitern im CC aber dennoch ein neu verfasstes Dokument. Mit einem besseren Konzept.

Und schon legen vier Dokumente auf Ihrer Festplatte. Und je zwei bei Ihren Mitarbeitern und beim Abteilungsleiter. Eigentlich wollten Sie heute abend mit dem Hund Gassi gehen, aber Sie arbeiten wieder einmal länger. MS Office sei Dank.

Sie fassen alle Feedbacks in einem neuen Dokument zusammen und schicken es wieder an die beiden Mitarbeiter und den Abteilungsleiter. Somit besitzen Sie nun fünf Dateien, die anderen je drei. Und so geht das Spiel weiter bis alle zufrieden sind und niemand mehr weiss, wer was wie wo geändert hat und wo das finale Dokument liegt.

«Kannst du mir das nochmals schicken?»

Wie oft haben Sie den Satz schon gehört? Und von der Broschüre und der Tabellenkalukation haben wir noch gar nicht gesprochen. Für viele Mitarbeiter grauer Alltag im Dokumentendschungel. Je mehr Mitarbeiter an einem Dokument arbeiten und je schneller die Kommunikation via E-Mail läuft, desto unübersichtlicher wird es. Wie viele Stunden in den Firmen dieser Welt mit dem mühseligen Abgleich verschiedener Versionen eines Office-Dokuments verdödelt werden, weiss der Geier. Oder der Gates.

Der virale Effekt von Microsoft Office

Jedes Word-Dokument generiert weitere Word-Dokumente. Oft sind es Dutzende bis zur finalen Version, die dann – als PDF virtuell in Stein gemeisselt – verschickt wird. Vielleicht liegt der Erfolg von Microsoft Office weniger in den (viel zu vielen) Funktionen ihrer Programme denn in diesem viralen Effekt, der immer noch mehr Dokumente generiert, die Produktivität behindert und so die Wirtschaft lähmt.

Die Lösung: Link statt Attachment

Der Pionier in Sachen Online-Kollaboration heisst Google. Deren Lösung ist so einfach wie einleuchtend. Mit Google Drive erstellte Dokumente werden nicht (nur) auf der eigenen Festplatte, sondern im Internet gespeichert. Auf den farbenfrohen Serverfarmen von Google.

Für die Zusammenarbeit an einem Text oder einer Tabelle wird nicht ein Dokument, sondern ein Link zu diesem oder dieser verschickt. Mit wenigen Klicks bestimmt der Verfasser, wer das Dokument nur sehen, wer kommentieren und wer Änderungen vornehmen darf. Statt ein Attachment öffnen die Benutzer einen Link.

Alle eingeladenen Personen arbeiten an ein und demselben Dokument. Sogar gleichzeitig. Jede Änderung wird dokumentiert. Dagegen sieht der Änderungsmodus von Word uralt aus. Die Textverarbeitung Google Docs läuft in jedem aktuellen Browser. Für Android und iOS stehen Apps bereit. Und: Google Drive ist kostenlos. Für den Einsatz im Unternehmen empfiehlt sich Google Apps for Business als komplette Alternative zu Outlook, Word, Excel und Co. Kostet einen Bruchteil der Lizenzen für Microsoft Office. Für alle NPO dieser Welt bleibt Google Apps for Business sogar gratis.

Vor kurzem zog auch Apple nach mit iWork für iCloud, das nun ähnlich funktioniert wie Google Drive, um einiges schöner aussieht und perfekt mit iPhone, iPad und Mac harmoniert. Nach meinem Dafürhalten weist es jedoch eine gravierende Schwachstelle bei der Freigabe auf: Dokumente können nicht personalisiert, sondern nur über einen allgemein gültigen Link freigegeben werden. Das mag für Privatanwender reichen. Für den Geschäftsbericht ist das zu unsicher.

iWork for iCloud zeigt den Wandel exemplarisch

Mit den neuen iWork-Programmen Pages, Numbers und Keynote ändert Apple die Ausrichtung seiner Office-Suite radikal. Versuchte Steve Jobs damit eine Schöngeist-Alternative von Microsoft Office zu etablieren, greifen die neuen iWork-Programme mit ihrer nahtlosen iOS-Integration direkt Google Drive an.

Mit Office 365 stellt auch Büroplatzhirsch Microsoft eine Cloud-Lösung für seine weltbekannten Programme bereit. Nur kennt die niemand. Microsoft Office ist ein Offline-Brand. Und so lange die Mobile-Sparte von Microsoft im Todesschatten von Nokia weiter mit einstelligen Marktanteilen dahindümpelt, wird sich daran so schnell nichts ändern.

Fazit: Online-Kollaboration kommt

Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis das Cloud-Konzept für Textverarbeitung seinen endgültigen Druchbruch erlebt. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die grössten Hindernisse bestehen in der zum Teil stark eingeschränkten Funktionalität und in den Bedenken gegenüber Cloud Computing insgesamt. Startups wie Quip von Ex-Facebook CTO Bret Taylor zeigen wohin sich Textverarbeitung entwickelt.

Wer noch nie via Google Drive gemeinsam an einem Dokument gearbeitet hat, kriegt hier die Möglichkeit dazu. Ich habe diesen Text in Google Drive geschrieben und freue mich über Ergänzungen, Kommentare und Verbesserungen.

Titelbild via Pexels (CC0)



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