Richtig flirten auf Französisch

Im Alltag benutzen Herr und Frau Schweizer zahlreiche französische Lehnwörter und sind vielleicht überzeugt, sie könnten damit ein bisschen Französisch. Würde es reichen, um in Paris eine süsse kleine Französin zu beeindrucken? Leider nicht. Oder vielleicht schon.

Lehnwörter sind leider nicht einfach so ins Französische übertragbar, wie man meint. Sie sind mit zahlreichen Tücken versehen. Und das kann schwerwiegende Folgen haben, wie die folgende, kurze – dafür leidenschaftliche – Liebesgeschichte zeigt.

Eine Blamage

Stellen Sie sich mal vor, Sie sind in Paris und möchten ein Liebesabenteuer erleben. In der Stadt der Liebe sollte das doch möglich sein. Sie gehen zur Post und erblicken hinter dem Schalter Ihre Traumfrau. Doch was nun? Sie fragen in Ihrem Français fédéral: Vous avez des Couverts? Die schöne Dame antwortet: Hé hooo, on est à la poste ici, pas chez IKEA (Hier sind Sie bei der Post, nicht bei IKEA). Sie haben gerade nach Besteck gefragt.

Und alle lachen Sie aus. Schaad, gell!? Das richtige Wort wäre enveloppe. Was für eine Blamage! Und bitte beachten Sie, dass das Wort Blamage auf Französisch nicht existiert. Einmal schämen bitte. Die Ecke habe ich für Sie schon reserviert.

L’amour à la française

Ihr Missgeschick war trotzdem lustig, die Dame findet Sie charmant und hat Ihre Einladung zum Glace essen angenommen. Doch Vorsicht bei der Aussprache: Glace spricht man wie krass – mit kurzem a – aus, das e spricht man nicht aus. Glacé mit e ist das Adjektiv. Immer auf die richtige Wortart achten, wie in Ihrer Muttersprache ja auch. Die Französinnen werden es Ihnen danken.

Endlich haben Sie einen super Glace-Laden gefunden, wo man «des glaces à discretion» essen kann. Quoi? Ja, ja, soviel wie du möchtest, meine kleine, süsse Französin. Aha. Interessant. «A discretion» gibt es als Ausdruck, doch wird er im Allgemeinen nicht so verstanden und eher mit diskret gleichgesetzt. Was Ihrer Herzensdame gefallen wird, denn nun kann sie sich mit Glace vollstopfen, ohne dass jemand eine blöde Bemerkung macht, denn Sie und der Kellner bleiben diskret. Dieser Punkt geht an Sie, bien joué.

Den Ruf aufs Spiel setzen

Ein wenig später– nachdem Sie bereits viele leidenschaftliche Stunden miteinander verbracht haben – möchten Sie, dass Ihre Demoiselle ein Neglige trägt. Nur leider hat sie nie Literatur studiert und versteht Sie falsch. Denn das Wort wird in der Alltagssprache nicht mehr so gebraucht. Es wird anders gebraucht.

Negligé? Das ist unmöglich für eine Pariserin! Sie würde ihren Ruf aufs Spiel setzen. Denn negligé heisst ungepflegt.

Nota bene: Wären Sie hier nicht so voreilig gewesen und hätten Sie sie gebeten, sich salopp zu kleiden, wäre sie vielleicht darauf eingestiegen. Und das hätte Ihnen gefallen können: Lieber wie eine Schlampe (une salope) aussehen, als sich die Haare nicht waschen. Doch das ist natürlich Ansichtssache, Sie können sich Ihre Meinung dazu selber bilden.

Trotz allem knistert das Liebesfeuer munter weiter und Sie verabreden sich ein letztes Mal, bevor Sie in die Schweiz zurückfahren. Sie warten am Bahnhof, auf dem Perron. Sie warten und warten, Stunden vergehen. Ihre Angebetete kommt nicht. Wegen der Neglige-Episode? Nein. Sie wartet auch auf Sie, aber vor ihrer Tür. Und weil Ihr Zug in fünf Minuten fährt, sehen Sie Ihre heisse Pariser Affäre nie wieder. Ende.

Titelbild via Flickr: The first bicycle – Gideon (CC BY 2.0)



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