Warum Romands richtige Schweizer sind

Auf der anderen Seite des Röstigrabens reden sie wie die Franzosen. Das stimmt nicht. Es gibt feine Unterschiede, die unserem Französisch eine Schweizer Note geben und aus Romands echte Schweizer machen.

«Die Welschen hatten schon immer ein schwächeres Bewusstsein für die Schweiz». Der langsam aber sicher Uralt-Bundesrat Blocher zweifelte kürzlich am Patriotismus der Romands, was in der französischen Schweiz verständlicherweise einen Aufschrei provozierte. Ja, ennet des Röstigrabens ist es anders. Zwischen den Landesteilen Romandie und Deutschweiz gibt es meiner Meinung nach aber nur einen Unterschied: die Sprache. Okay, zwei: Sie sind entspannter als der durchschnittliche Deutschschweizer.

Fremde Sprache, fremde Identität

Die Sprache ist uns suspekt. Während wir im Schweizerdeutschen klar zwischen unseren Dialekten und dem Hochdeutschen unterscheiden können, haben wir diese Fähigkeit im Französischen nicht. Ha! Die Romands sind keine echten Schweizer, sie könnten genauso gut Franzosen sein. Zugegeben, unsere deutschschweizer Dialekte weichen stärker vom Hochdeutschen ab als das Schweiz-Französische vom Frankreich-Französischen. Aber die beiden Französisch in einen Topf zu werfen, ist falsch. Sie sind nämlich gar nicht so gleich, wie wir in der Deutschschweiz meinen, wir sind lediglich geblendet von unseren schlechten Französischkenntnissen. Wir haben für Sie einige Ausdrücke ausgesucht, mit denen Sie in Frankreich entweder falsch oder gar nicht verstanden werden.

Linge

In der Schweiz wird damit ein Badetuch bezeichnet, in Frankreich ist damit eher die  Wäsche gemeint. Denken Sie also kurz darüber nach, wenn Sie in Frankreich in die Badi gehen und von Ihrem linge reden, das Sie mitnehmen. Man könnte auf die Idee kommen, dass Sie in der Badi Ihre dreckige Wäsche waschen möchten. Lieber nicht.

Rabais

In der Schweiz werden Waren, die preislich reduziert sind, mit rabais angeboten. Also Rabatt. In Frankreich suggeriert rabais fehlerhafte Ware, die aus diesem Grund billig verscherbelt wird. Und Ihre Ware ist ja nicht billig oder fehlerhaft. Oder?

Action

Wir bleiben beim Handel. Action in der Schweiz bedeutet Aktion, also Sonderangebot. In Frankreich klingt das mehr nach Action, wie auf einem Filmset oder in einem Actionfilm. Wenn also in der Migros «les légumes en action» sind, kann sich wahrscheinlich kein Franzose das Lachen verkneifen. Ich stelle mir Essiggurken vor, die in Spielzeugautos Hors-sol-Tomaten nachjagen, weil letztere zwei Silberzwiebeln entführt haben. In Frankreich sagt man promotion.

Pêche

«J’ai eu une pêche à l’école». Toll, du hast einen Pfirsich in der Schule erhalten, eine super Lehrerin hast du. In Frankreich. In der Schweiz bedeutet es auch eine schlechte Note zu erhalten. Doch nicht ganz so toll.

Poutzer

«J’ai passé deux heures à poutzer la maison». Sie haben richtig gelesen. Das ist tatsächliche eine französische Version vom deutschen Wort putzen. Damit werden Sie in Frankreich bestimmt nicht verstanden. Entlang der Sprachgrenzen finden sich zahlreiche Wortschöpfungen dieser Art.

Vattre et mouttre, speck et witz

Je nach Region kennt man auch Kreationen wie vattre oder mouttre anstatt mère und père; speck anstatt lard oder witz anstatt blage. Allerdings sind die letzten paar Beispiele doch eher Raritäten; ich persönlich bin ihnen noch nicht über den Weg gelaufen, würde das aber gerne noch nachholen.

Das sind nur ein paar Unterschiede, es gibt noch zahlreiche mehr. Sie alle geben dem Schweizer Französisch eine Identität. Eine Schweizer Identität. Also keine Sorge, bei den Romands handelt es sich immer noch um Schweizer. Auch wenn Sie progressiver denken und das Leben etwas entspannter angehen.

Titelbild: Foto via Supertext



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