Suggestivfragen

Und? Wie oft haben Sie Ihre Frau schon betrogen?

Suggestivfragen sind als Fragen verkleidete Behauptungen, die einen in Verlegenheit bringen können. Was man dagegen tun kann? Leider nicht sehr viel.

Der Titel dieses Posts gehört definitiv nicht zu der Sorte von Fragen, die man stellt, um zum Beispiel Small Talk zu beginnen. Je nach Gesprächspartner begeben Sie sich auf unsicheres Terrain. Erstens hält man in unserem Kulturkreis sehr viel von der Monogamie und zweitens ist die Frage im Titel eine Suggestivfrage. Also eine Frage, die auf eine bestimmte Antwort abzielt oder die so formuliert ist, dass man von der Fragestruktur in Haft genommen wird.

Das ist mir auch schon passiert, ein Erlebnis hat sich aber besonders stark eingeprägt: Es war der Vater meiner ersten Freundin, der mich nach dem Mittagessen am Strand in Italien fragte, ob ich denn vorhabe, auch so dick zu werden wie er. Ich war sehr verunsichert an jenem Tag im Juli.

Geplante Gemeinheiten

Beide oben erwähnten Fragen sind eher gemeinere Varianten der Suggestivfrage. Bei der zweiten Frage lässt die Struktur nur ja oder nein als Antwort zu und egal, wie ich antworte, bestätige ich, dass er dick ist. Bei der Frage im Titel geht der Fragende bereits davon aus, dass ich meine Frau betrogen habe. Und das, obwohl ich gar nicht verheiratet bin. Sie sehen, man ist gefangen.

Suggestivfragen haben den Zweck, auf das Denken, Fühlen, Wollen oder Handeln einer Person einzuwirken und den Befragten von einer rational bestimmten Antwort abzuhalten. Sie findet in zahlreichen Bereichen Verwendung, zum Beispiel in der Rhetorik: der Kunst, den Zuhörer von einer Aussage zu überzeugen oder zu einer bestimmten Handlung zu bewegen. Eigentlich sind es vor allem als Fragen verkleidete Behauptungen. Sie dienen hauptsächlich dazu, dem Gesprächspartner eine Gemeinsamkeit bewusst zu machen und beinhalten meistens «gewiss», «sicherlich», «bestimmt» oder ähnliche Ausdrücke: «Sicherlich wollen Sie das Problem auch heute schon gelöst haben, nicht wahr?» Das war nun eine weniger gemeine Suggestivfrage und im Normalfall helfen solche Fragen, ein gemeinsames Ziel deutlich zu machen und den Gesprächspartner anzuregen, Entscheidungen schneller herbeizuführen. Ihr Gesprächspartner kann fast nicht anders, als Ihnen zuzustimmen. Sie beschleunigen den Gesprächsverlauf, weil Sie mit der Suggestivfrage bereits die Entscheidungsphase des Gesprächs einleiten.

Vorsicht

Aber Achtung: Suggestivfragen sollten Sie nur dann stellen, wenn es sicher oder sehr wahrscheinlich ist, dass die suggerierte oder verdeutlichte Gemeinsamkeit oder Zustimmung wirklich besteht. Ist das nicht der Fall, riskieren Sie eine ablehnende Reaktion oder einen irritierten Gesprächspartner. So wie bei meinem Erlebnis am Strand. Und das muss nicht sein. Ein möglicher Ausweg, wenn Sie in die Ecke gedrängt werden: Lachen und direkt darauf eingehen, dass es eine Suggestivfrage ist. Denn mit konventionellen Methoden entkommen Sie der Frage leider nicht.

Titelbild via Pexels (CC0 1.0)



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