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Lokalisierung für Kino und TV: Wenn Elche zu Koalas werden

Wie man Filme global erfolgreich macht und warum die Übersetzung dabei nur die Spitze des Eisbergs ist.

Wolf Warrior 2, Ne Zha, The Wandering Earth – haben Sie schon mal von diesen Filmen gehört? Nein? Immmerhin sind es die erfolgreichsten chinesischen Produktionen aller Zeiten – alle veröffentlicht in den letzten drei Jahren.

Der globale Filmmarkt wächst; mit China als wichtigstem Treiber. Vielleicht nicht ganz so schnell wie die Liste der Netflix-Eigenproduktionen, aber immerhin um knapp 30 % zwischen 2016 und 2020.

Die Studios stellen sich auf eine Zeit ein, in der der Erfolg nicht mehr nur an den Kinokassen zwischen Los Angeles und Berlin, sondern rund um den Globus gemessen wird. Und investieren darum kräftig in die Lokalisierung ihrer Filme. Ein Prozess in fünf Akten.

1. Storyline

Nicht jede Geschichte durchbricht die kulturelle vierte Wand gleich einfach. The Breakfast Club ist zum Beispiel ein unbestrittener Klassiker, weil er die Lebensrealität amerikanischer Teenager sehr treffend abbildet. Mit den Erfahrungen chinesischer Altersgenossen hat die Geschichte aber wenig gemein. Global erfolgreiche Stories orientieren sich darum meist an einem der wenigen universellen Muster – Gut vs. Böse, Mensch vs. Natur, verbotene Liebe oder die klassische Heldenreise. Generell gilt: Dialogorientierte Plots wie Komödien lassen sich schlechter übertragen als Actionfilme mit viel Explosion und wenig Gehalt. Na dann, boom.

2. Cast

Julia Roberts und Brad Pitt waren und sind der sicherste Weg zu einem Kassenschlager. Zumindest in der westlichen Hemisphäre. In China heissen die Stars Fan Bingbing (范冰冰), Donnie Yen (甄子丹) und Jiang Wen (姜文). Der Einbezug solcher Grössen ist für den Erfolg im Land der Mitte essenziell. Aber Vorsicht, sie bloss als Statisten aufzubieten, kann dem Publikum schnell in den falschen Hals geraten. So geschehen bei X-Men: Days of Future Past. Zum grossen Auftritt von Fan Bingbing gehörte genau ein Satz. Das Phänomen nennt sich in China Hua Ping (花瓶, zu Deutsch etwa: schön, aber leer) und wird oft in einer Reihe mit dem immer noch etablierten Whitewashing genannt.

3. Einzelszenen lokalisieren

Japanische Kinder lieben Broccoli. Oder hassen ihn zumindest weniger als grüne Paprika. So gesehen beim Pixar-Film Inside Out (deutsch: Alles steht Kopf). Gerade in der Welt der Animationsfilme werden einzelne Szenen immer häufiger mehrfach produziert, um der Kultur jedes Zielmarkts möglichst genau zu entsprechen.

Das berühmteste Beispiel findet sich in unserem Titelbild. In Zootopia (deutsch: Zoomania) ist der Co-Moderator je nach Land ein anderes Tier. Das Ziel: Die Figur soll in jeder Kultur Fröhlichkeit und Vertrauen ausstrahlen. Dazu setzt man in Nordamerika auf den Elch, in Australien auf den Koala, in China auf den Panda und in Japan auf den Marderhund (Tanuki).

Die Liste an Beispielen ist lang. Von Garfield, der in Litauen lieber Kugelis als Lasagne isst, bis zum durchaus zentralen Austausch von Taco Bell mit Pizza Hut in Demolition Man (1993) für die europäischen Märkte.

4. Sprache

Filme brauchen mehr als eine Übersetzung. Denn mit der fachlich korrekten Übertragung von Texten und Untertiteln in andere Sprachen ist es nicht getan. Auch kulturelle Gegebenheiten wollen berücksichtigt werden. Im amerikanischen Original von Kung Fu Panda zum Beispiel äussert der Protagonist Po nach einem Kampf: «Wow, I think I just peed a little!» Der Satz hätte natürlich auch auf Chinesisch existiert, wurde aber mit «This is too much!» übersetzt, weil die ursprüngliche Aussage in China ein absolutes Tabu wäre.

5. Fehltritte vermeiden

Wie in allen globalen Angelegenheiten gilt: Mehr lokalisieren, weniger blamieren. Denn potenzielle Fettnäpfchen lauern überall. Nicht einmal der so stilvolle James Bond ist davor gefeit. In seine Liste der vielen exotischen Orte für ein Schäferstündchen reiht sich seit Die Another Day auch die Kulisse eines buddhistischen Tempels ein. Am Drehplatz Südkorea war man erschüttert, nicht gerührt. Und beschloss kurzerhand einen Bond-Boykott.

Titelbild via Imgur

Quelle: MultiLingual.com



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