Einer meiner ersten Besuche in Deutschland hatte die eine oder andere peinliche Episode zu bieten. Ich musste auch ausgerechnet nach Norddeutschland. Im Süden wäre mein hölzernes Hochdeutsch wohl weniger aufgefallen. Aber ich war nun mal irgendwo im Norden. Und alle konnten besser Deutsch als ich. Ein Erlebnis blieb mir besonders gut in Erinnerung: Als sich das Gespräch um einen Pullover drehte, warf ich ein: «Ich habe denselben.» Meine Aussage wurde mit einem «Nein, du hast den gleichen.» quittiert. Ich sass etwas beschämt auf meinem Stuhl und dachte nach. In der Schweiz brauchen wir das Wort «der-/das-/dieselbe» nicht. Ich hatte es einfach ins Gespräch eingebaut, weil ich es kannte und klug wirken wollte. Das Gegenteil war der Fall.
Es spielt keine Rolle
Im Schweizer Dialekt spielt es keine Rolle; wir sagen immer «Es isch de glich.» Aber wenn wir schreiben oder plötzlich Standarddeutsch sprechen müssen, sind wir unsicher; wir machen im Alltag die Unterscheidung zwischen derselbe und der Gleiche nicht. Aber die beiden Wörter bedeuten nicht dasselbe.
Das Gleiche ist nicht dasselbe
Das Gleiche bedeutet, dass zwei unterschiedliche Dinge sich aufs Haar gleichen, während dasselbe bedeutet, dass diese identisch sind. Ich benutze zum Glück nur die gleiche Zahnbürste wie mein Mitbewohner. Ich fände es etwas eklig, wenn ich dieselbe Zahnbürste benutzen müsste. Dieser Fehler wird oft, zum Glück nur auf verbaler Ebene, gemacht. Es geht aber auch andersrum: am gleichen Tag oder im gleichen Jahr. Das geht nicht. Denn es gibt keine Tage oder Jahre, die sich ähnlich sind, sie sind Unikate.
Eselsbrücken bauen
Am einfachsten merkt man sich die Regel, indem man folgende Eselsbrücke macht: Das Gleiche bedeutet, dass zwei unterschiedliche Dinge sich aufs Haar gleichen. Ei wie in zwei. So konnte ich es mir am besten merken. Und in der Zwischenzeit war ich auch wieder in Deutschland. Und zwar ohne angeschaut zu werden wie der Kidnapper von nebenan.
Bild: Mauro Werlen, Stencil-Version von Diane Arbus‘ «Identical Twins»
24 Kommentare zu “Dasselbe und das Gleiche sind nicht dasselbe”
Einen ähnlichen Artikel zum Thema gibt es hier: http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-abc-dasselbe-das-gleiche-a-311593.html Liebe Grüße
Hallo Iris
Das stimmt. Der Herr Sick hat ja auch ein ähnliches Hobby wie ich. Es kann also gut sein, dass dann und wann Überschneidungen vorkommen.
Liebe Grüsse
mauro
Witzig. Ich wohne in Deutschland & hatte den Unterschied noch nie bemerkt – als frz. Muttersprachlerin. Guter Mnemotechnik mit dem „ei“! Gruß, Élisabeth
Freut mich, dass die Eselsbrücke hilft.
Gruss,
mauro
Hier auch mal eine kleine Gedankenstütze: selbe-gleiche.de!
Merci.
Weil ich mir das auch nicht so richtig merken kann, habe ich an meinem Bildschirm einen Zettel kleben, auf dem steht:
„du ein Gumminbärchen, ich ein Gummibärchen – beide rot = die gleichen /
nur ein Gummibärchen für uns beide – kloppen wir uns um dasselbe“
Aber der „ei“-Tipp ist noch besser. Danke dafür! : )
Komme aus Konstanz /Bodensee – da spricht man auch kein nord-/hochdeutsch. Man auch des isch s’gleiche ..-))) muss auch immer nachschlagen…-)))
Ich bin Muttersprachlerin, habe mein Abi mit 1,7 gemacht, studiere und ich kann mir den Unterschied bis heute nicht merken. Für mich hört sich der gleiche Tag/das gleiche Jahr noch nicht mal falsch an. Als kleines Trostpflaster für alle, die sich damit rumärgern ;) Der Spruch mit den Gummibärchen ist übrigens total süß! :)
Das Thema hat Walter Heuer schon in einer Glosse von 1971 besprochen.
Die Idee mit der Eselsleiter mag einfacheren Gemütern einleuchten; leider hält sich die deutsche Sprache nicht an solche Regeln. Ausdrücke wie « dasselbe in grün » müssten sonst ausgemerzt werden…
Immer noch nicht ganz korrekt. Wen etwas dasselbe ist, existiert es nur einmal. Identisch heisst nicht selbig. Eine identische Zahnbürste ist eine mit einer ANDEREN genau gleiche Zahnbürste. Dieselbe Zahnbürste ist einfach nur diese eine — sie könnte auch mit sich selbst NICHT identisch sein: e. g. sie ist inzwischen zerbrochen. Man ist zum Beispiel immer derselbe Mensch aber zeitlich und räumlich nicht immer der gleiche / das Gleiche. (von lateinisch identidem, unterschied idem vs ipse). Dasselbe impliziert immer Einzigkeit, Einsheit (Oneness).
PS: … dasselbe in grün habe ich auch noch nie gehört (und hört sich definitiv falsch an). Das heißt eindeutig das Gleiche in grün (das andere wäre Dialekt).
Und: zwei Menschen können am gleichen Tag Geburtstag haben!: er liegt dann in einem anderen Jahr. Wenn sie am selben Tag Geburstag haben sind sie gleich alt.
PS: und wenn ich implizieren will, dass es Paralleluniversen gibt oder so etwas Ähnliches (in einem SciFi Buch zum Bsp.), könnte auch das gleiche Jahr sinnvoll sein.
In einer meiner Vorlesungen im Informatikstudium hatte ein sehr geschätzter Professor beim Thema OOP folgendes geschrieben:
Das gleiche und dasselbe sind nicht das gleiche und schon gar nicht dasselbe.
So kann ich mir das schon seit 30 Jahren merken.
Noch ein Tipp: im englischen ist die Formulierung “one and the same”. Es heißt: ein und dasselbe. Ein und das gleiche wäre sinnlos.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Bedeutung abhängig von Kontext und Stil ist.
Umgangssprachlich sind dasselbe und das Gleiche oft das Gleiche. Das ist kein Fehler. Es wird auch vom Duden anerkannt. https://www.duden.de/rechtschreibung/derselbe
Man muss also wissen, über was man spricht.
Wenn jemand sagt: „Ich habe heute dieselbe Suppe gegessen wie gestern“ bedeutet es nicht, dass er sie wie ein Wiederkäuer das Gras nochmals verzehrt hat.
„Aber wenn wir schreiben oder plötzlich Standarddeutsch sprechen müssen, sind wir unsicher; wir machen im Alltag die Unterscheidung zwischen derselbe und der Gleiche nicht. Aber die beiden Wörter bedeuten nicht dasselbe.“ Das stimmt also nur bedingt, nicht absolut. Es stimmt nicht in umgangssprachlichem Stil. Es stimmt in formaler Standardsprache. In der Alltagssprache führt es zu Kommunikationsfehlern, wenn man den Anwendungsbereich nicht beachtet.
Ein Gesundes Neues Jahr 2021 wünscht Bernd Hutschenreuther
Ich finde es schade, dass der Duden die Gleichsetzung akzeptiert und damit hoffähig macht. Der Unterschied zwischen „das Gleiche“ und „dasselbe“ erlaubt Differenzierungen, die sonst nnur durch umschreiben vermittelt werden können.
Ich merke es mir übrigens mit dem Bild von (eineiigen) Zwilligen. Die gleichen sich zwar, jeder von ihnen meint aber immer denselben, wenn er von sich selbst spricht ;-)
Was ist aber richtig dieselben Gedanken oder die gleichen Gedanken haben
Hallo Alejandro
Gute Frage mit denselben oder gleichen Gedanken. Ich würde hier argumentieren, dass Gedanken(gänge) in ihrer unendlichen Komplexität gar nie wirklich identisch sein können. Speziell dann nicht, wenn sie von verschiedenen Personen stammen. Ergo würde ich empfehlen, immer mit «die gleichen Gedanken» zu arbeiten.
Supergrüsse, Fabio
Das Gleiche ist nicht dasselbe. Das Gleiche, ist sich ähnlich; dasselbe ist identisch.
Meine Eselsbrücke ist, dass sich zwei Dinge gleichen können, aber zwei Dinge können sich nicht „selben“.
Dies ist eine tiefgründige Frage, die Philosophen und Wissenschaftler seit Jahrhunderten beschäftigt. Einige behaupten, dass die beiden grundlegend verschieden sind, während andere behaupten, dass sie ein und dasselbe sind :)
An „sass“ habe ich gemerkt, dass du vermutlich aus der Schweiz kommst. :)
In Deutschland wäre nur „saß“ zulässig. Doppel-s schreibt man bei uns nur, wenn der vorhergehende Vokal kurz gesprochen wird, z. B. bei „Fass“.
Liebe Grüße