Der leichtfüssige Einsatz von Fremdwörtern demonstriert Selbstvertrauen. «Schaut her, wie schlau ich bin» – sozusagen das intellektuelle Gegenstück zum Porschefahren. Es funktioniert, ob man will oder nicht: Ein hochtrabendes Vokabular imponiert. Und verwirrt den Zuhörer so sehr, dass er es kaum mehr merkt, wenn man die Fremdwörter kreuzfalsch einsetzt. Wir haben genauer hingehört.
Die 11 meistgehörten Fremdwortfehler:
karikativ statt karitativ
Karikativ heisst «verzerrt komisch», meistens in Form zeichnerischer Satire bei Karikaturen. Karitativ bedeutet «wohltätig» oder «von Nächstenliebe geprägt».
Rezession statt Rezension
Eine Rezession können Sie nicht bei Amazon eintippen, sondern spüren sie höchstens im Portemonnaie.
komplex statt kompliziert
Der Verwechslungsklassiker. Komplex und kompliziert werden meist als Synonyme benutzt. Sie sind es aber nicht. Kompliziertheit misst, wie schwer etwas zu verstehen ist. Sie zeigt also an, wie viel Wissen man benötigt, um ein System zu durchschauen. Komplexität ist dagegen ein Mass für die Vorhersagbarkeit. Ein kompliziertes System ist schwer zu verstehen, bringt aber keine Überraschungen hervor (z. B. ein Computer). Ein komplexes System muss nicht schwer zu verstehen sein, bringt aber viele Überraschungen hervor (z. B. eine Diskussion zwischen zwei Menschen). Natürlich können die beiden Eigenschaften auch gleichzeitig auftreten, wie diese detaillierte Erklärung aufzeigt.
Reflektion statt Reflexion
Es heisst Reflexion. Immer. Egal ob vom Rückstrahler am Fahrrad oder von einer prüfenden Betrachtung die Rede ist.
effektiv statt effizient – und umgekehrt
Zwei Wörter, die sich immer gut machen. Vor allem in Businessplänen und dergleichen. Eingesetzt werden sie aber meistens falsch: Effektiv ist ein Vorgehen, das das vorgegebene Ziel erreicht. Egal unter welchem Mitteleinsatz. Effizient ist ein Vorgehen, das möglichst wenig Aufwand (Zeit, Geld etc.) braucht. Die Optimallösung ist immer effektiv UND effizient.
imprägnieren statt imponieren
Mit unnötigen Fremdwörtern kann man Ihnen nicht imprägnieren. Stimmt. Denn beim Imprägnieren wird ein Material wasserfest gemacht. Das Synonym für «Eindruck machen» heisst imponieren.
intrigieren statt integrieren
Jemand, der oft intrigiert, lässt sich schlecht integrieren. Er zettelt nämlich Intrigen gegen jemanden an, inszeniert diese sogar. Und lässt sich darum nur schwer in eine Gruppe einbinden.
Psychopath statt Psychotherapeut
Der Psychopath leidet an einer antisozialen Persönlichkeitsstörung, der Psychotherapeut versucht diese mit Psychotherapie zu beheben. Nicht umgekehrt.
authentisch statt autistisch
Nein, Authentizität und Autismus sind weder dasselbe noch das Gleiche.
Stadion statt Stadium
Ob ich mich gerade im St. Jakob-Park oder dem Letzigrund-Stadion befinde, ist leicht zu beantworten. Auch wenn während dem Spiel das eine oder andere Bierchen fliesst. Schwieriger wird es beim Stadium eines Projekts, einer Entwicklung, einer Krankheit. Da sind die Grenzen oft fliessend.
Terrarium statt Territorium
In unseren Breitengraden ist das Territorium der meisten Reptilien durch eine Glaswand begrenzt: das Terrarium.
Welche weiteren Beispiele haben Sie schon aufgeschnappt? Wir sind gespannt. Und freuen uns auf zahlreiche Kommentare.
Titelbild via Flickr: Tim Green – facepalm (CC BY 2.0)
7 Kommentare zu “11 Fremdwörter, die man unbemerkt falsch einsetzt”
Köstlich! Auf amüsante Art noch was dazulernen. Hier schau ich
öfter vorbei :).
Danke für die Blumen, Uschi.
Supergruss
Fabio
Und mein Lieblingsverwechsler: dezidiert statt dediziert
Gratulation, eine super Zusammenstellung. Nur die im Link hinterlegte detaillierte Erklärung von kompliziert und komplex entspricht nicht unserer Erfahrung und unserem Verständnis. Wenn etwas linear ist, dann wird es als einfach angesehen (Lichtschalter an/aus)! Wenn etwas weder kompliziert noch komplex ist, dann ist es ebenso einfach (ich weiss genau, was zu tun ist und wie sich das System verhält)!
Hallo Michael
Hmm, da haben wir etwas andere Ansichten. Linear muss meiner Auffassung nach nicht einfach sein, sondern heisst lediglich, dass es vorhersehbar immer auf die gleiche Weise funktioniert. Beim Lichtschalter-Beispiel ist das natürlich dann auch einfach. Ein Computer dagegen funktioniert auch linear und ist doch kompliziert, da sehr reich an Optionen.
Supergruss, Fabio
Wir hatten kürzlich mit Kunden die grosse Diskussion:
heisst es «funktional» oder «funktionell»
Danke für den spannenden Input, Steph. Da haben Sie mich auch gleich in den Recherche-Modus versetzt. Ich fand das Beispiel hier sehr lehrreich: https://forum.wordreference.com/threads/funktionell-funktional.516893/?hl=de
«Ich baue Lautsprecher, deren Design rein funktionell ist. Ästhetik ist mir egal, ich will, dass sie brummen, und zwar richtig. Wenn ich die anschließe und die Tieftöner Risse im Putz erzeugen, dann sind die Risse eine funktionale Störung durch die Lautsprecher.»
Supergruss, Fabio