Drotr

Drotr: Was kann die neue Messaging-App?

Speak your language with the world: Der mehrsprachige Messaging-Dienst «Drotr» verspricht viel. Wir haben getestet, was die App kann, was (noch) nicht rundläuft und für wen sie sich eignet.

Vergangene Woche wurde der neue Stern am Schweizer App-Himmel präsentiert: Drotr heisst der mehrsprachige Messaging-Service. Verfügbar ist die in Zürich und Zug entwickelte App mittlerweile für Android und iOS.

Messaging, SMS, Anrufe, Videocalls, Sprachnachrichten und Telefonkonferenzen mit der ganzen Welt; jeder in seiner Muttersprache. Und das erst noch kostenlos. Klingt verlockend. Wir haben den «Droid Translator» auf Herz und Nieren getestet.

Was die App kann

Das Wichtigste zuerst: Die App beherrscht sagenhafte 104 Sprachen. Auch sonst kann sich der Funktionsumfang definitiv sehen lassen. Das Angebot ist in drei separate Apps unterteilt.

  • Drotr – die Hauptapp und multilinguale Schwester von WhatsApp
  • Drotr SMS – für traditionelle Kurznachrichten
  • Drotr Meetup – die Business-Variante, speziell auf Videocalls ausgelegt

Das Prinzip ist einfach: Bei der Anmeldung gibt jeder User seine eigene Sprache an. Die Zielsprache wird bei jedem neuen Chat mit dem gewählten Kontakt gematcht. Sie geben die Nachricht in Ihrer Muttersprache ein und sehen live, was beim Gegenüber in seiner Sprache ankommt. Das Gleiche geschieht bei der Sprach- und Videotelefonie. Alles in Echtzeit, versteht sich.

Der Funktionsumfang der Hauptapp gleicht jenem von WhatsApp, wenn auch einige Funktionen noch nicht freigeschaltet sind:

  • Instant Messaging
  • IP-Telefonie
  • Videocalls
  • Dateiversand (bisher Bilder und Videos)
  • Sprachnachrichten (coming soon)
  • Smileys und Stickers (coming soon)

Drotr SMS funktioniert ähnlich, ausser dass der Gesprächspartner die App nicht installiert haben muss. Bei jedem Chat definieren Sie Ihre Sprache und die des Gegenübers. Verschickt wird dann ein herkömmliches SMS in der Zielsprache. Eingehende Nachrichten werden automatisch in Ihre eigene Sprache übersetzt. Fazit: Klein aber fein, funktioniert technisch einwandfrei.

Drotr Meetup bietet ein paar nette Extras zur Standardversion: Dialoge können in Textform abgespeichert und als PDF exportiert werden. Ein sehr nützliches Feature, mit dem sich das Protokoll internationaler Meetings gleich von selbst schreibt. Mit verschiedenen Dialogmodi können einzelne Gesprächsteilnehmer priorisiert werden. So ertönt immer nur eine Stimme (und die Übersetzung davon) gleichzeitig. Weiter kann der Lärmpegel der aktuellen Umgebung angegeben werden. So wird die Spracherkennung automatisch empfindlicher oder weniger empfindlich eingestellt. Fazit: Gefällt. Speziell die Protokollfunktion.

Was sie nicht kann

Ganz wichtig: Fehlerfrei übersetzen. Die App bedient sich bei der frei verfügbaren Datengrundlage von Google Translate. Und ist entsprechend holprig unterwegs. In unserem Test Deutsch–Englisch funktionierten Small-Talk-Floskeln wie «Wie geht’s dir?» und «Was machst du am Wochenende?» einwandfrei.

Bei, naja, unvorhersehbareren Themen wie «Wo zur Hölle hast du meine Pralinen hingepackt?» (nicht übersetzbar) wird es schwieriger. Das Gleiche gilt für allgemein bekannte und unumstössliche Filmzitate wie «Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann» – daraus wird ein ernüchterndes «I offer him an offer that he can not refuse». Klar, man versteht, was Sie sagen wollen. So bedrohlich-cool wie der Pate klingt es aber definitiv nicht.

Im Allgemeinen wirkt die App noch etwas instabil und improvisiert. Design und User Experience sind speziell bei Drotr SMS weit vom Ideal entfernt. Und auch die Ladezeiten lassen immer mal wieder zu wünschen übrig.

Bei den Videocalls ist Disziplin gefordert, denn neben dem Sprecher quasselt auch der digitale Übersetzer ständig. Bei Diskussionen werden aus zwei also vier Stimmen. Unmöglich, dem Gewirr zu folgen. Es kann also immer nur abwechslungsweise gesprochen werden. Das Problem soll aber demnächst mit einem ausgereiften Spracherkennungstool behoben werden.

Für wen sie sich eignet

Wir wollen ehrlich sein. Ein echtes Bedürfnis befriedigt Drotr in der jetzigen Form für die Wenigsten. Für uns als Übersetzungsagentur kommt diese Antwort natürlich gelegen, werden Sie jetzt denken. Untermauern können wir sie trotzdem:

Im Privaten reicht die Qualität für einfache Konversationen aus. Man versteht, was das Gegenüber sagen möchte, angenehm ist die Unterhaltung aber nicht. Ausserdem: Will überhaupt jemand solche Gespräche führen? In der Regel hat man ja mit all seinen Freunden mindestens einen (kleinen) sprachlichen gemeinsamen Nenner.

Beim geschäftlichen Einsatz wird es interessanter, handelt es sich doch oft um interkontinentale Zwangsgemeinschaften. Das Bedürfnis ist also gegeben. Nur ist die Qualität noch weit von dem entfernt, was man von einem Business Tool erwartet. Sowohl sprachlich als auch von der Funktionalität her. Ein automatisches Protokoll ist schön und gut. Holprig darf die Sprache darin trotzdem nicht sein.

Fazit

Die Idee hinter Drotr ist solide. Und speziell im Business-Einsatz gibt es bestimmt grosses Potenzial für eine solche Lösung. Solange maschinelle Übersetzungen aber noch auf dem aktuellen Niveau stattfinden, unterhält man sich wohl lieber in holpriger Fremdsprache mit einem Menschen als mit einem holprigen Computer in der eigenen.

Oder wie sehen Sie das? Wir sind gespannt auf Ihre Meinung.

Titelbild via Flickr: Robot – Robin Zebrowski (CC BY 2.0)



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