Synchronisation oder Untertitel? Die Gretchenfrage in der Filmübersetzung

Seit der Geburt der Tonfilme in den späten 20er-Jahren bestand weltweit eine entscheidende Frage: Wie übersetzt man Bildschirmunterhaltung am besten? Ein Jahrhundert später ist Filmübersetzung zur eigenen Kunstform geworden. Mit nach wie vor unterschiedlichen Ansätzen.

Stellen Sie sich vor, Sie schauen den Tatort und Ihre Lieblingskommissarin spricht Englisch mit breitem Ami-Akzent – nicht auszudenken, oder? Ein solches Erlebnis hatten viele unserer Englisch-Sprachmanager*innen, als sie zum ersten Mal einen synchronisierten Hollywood-Blockbuster sahen: Die Helden ihrer Kindheit sprachen plötzlich mit falschen Stimmen, in der falschen Sprache und irgendwie passten auch ihre Mundbewegungen nicht ganz zu dem, was sie sagten.

Für jene, die mit Untertiteln grossgeworden sind und es sich gewohnt sind, gleichzeitig etwa 200 Wörter pro Minute zu lesen und der Handlung zu folgen, ist das Konzept der Synchronisierung gleichermassen fremdartig. Trotzdem ist die Filmsynchronisation in Europa und weltweit eine riesige und sogar preisgekrönte Industrie. Was sagt uns das über die unterschiedliche Beziehung zur Sprache in verschiedenen Ländern?

Synchronisation vs. Untertitelung

Fremdsprachige Filme werden weltweit immer beliebter. Gerade nicht-englischsprachige Länder stehen deshalb seit jeher vor der Wahl: Synchronisation oder Untertitelung? Die deutschsprachigen Länder zeigen einen klaren Trend: Kinofilme werden in den grossen Sälen und zur Primetime in Synchronfassungen gezeigt. Ebenso strahlt das Fernsehen Filme und Serien synchronisiert aus. Wo öffentlich-rechtliche Fernsehsender teilweise noch den Zweikanalton bieten, sind bei den privaten die synchronisierten Fassungen unveränderbar programmiert.

Ähnlich ist die Situation in unseren Nachbarländern Frankreich und Italien oder auch in Spanien: Man setzt auf Synchronisationen in der Muttersprache. Selbst im Kino gibt es hier kaum mehr die Möglichkeit, Originalfassungen zu sehen. Nordeuropa sowie die Niederlande, Portugal oder Belgien hingegen zeigen fremdsprachige Filme auf sämtlichen Kanälen grundsätzlich in Originalfassung mit Untertiteln. Besonders in den skandinavischen Ländern ist es fast unmöglich, einen Film synchronisiert vorzufinden.

Warum diese Unterschiede? Am Sprachniveau liegt es schon mal nicht: Die durchschnittlichen Englischkenntnisse in deutschsprachigen Ländern sind vergleichbar mit jenen in Ländern, in denen Untertitel die Norm sind. Auch die Grösse des Markts ist wohl kein entscheidender Faktor: Ungarn ist mit 9.7 Millionen Muttersprachlern für seine besonders hochwertigen Synchronisationen bekannt, während Schweden mit rund 10 Millionen Sprechern europaweit am allermeisten untertitelt.

Kulturelle Folgen

Wie genau es zu diesen Konventionen kam, bleibt ein Mysterium (oder den Spekulationen zahlreicher Cineasten in Onlineforen überlassen). Dennoch gibt die Einstellung zur Untertitel- und Synchronisationsdebatte spannende Einblicke in die Ansichten eines Landes zum Thema Sprache. Und das seiner eigenen wie auch anderen Sprachen gegenüber.

So hat die Untertitelung ausländischer Filme dazu geführt, dass das Schauen von Originalfassungen ein eigenes kulturelles Gütesiegel bekam. Tun wir es in Eigenregie, freuen wir uns über unsere Multitaskingfähigkeiten, wie sie in Skandinavien bereits 8-Jährige zeigen. Vielleicht sind wir grosse Filmliebhaber und überzeugt davon, den Film nur so wirklich wertzuschätzen und authentisch erleben zu können. Und gleichzeitig etwas für unsere Sprachenvielfalt zu tun. So wurden in der Schweiz schon mehrfach politische Stimmen laut, die für das öffentliche Fernsehen Filme und Serien in Originalversion zurückfordern.

Dagegen setzt die Synchronisationsindustrie in unseren Breitengraden ein stillschweigendes Statement zur kulturellen Wichtigkeit, Unterhaltung in der Muttersprache anbieten zu können. Und sie tut Recht damit: Offizielle Zahlen bestätigen, dass die absolute Mehrheit der Schweizer Kinogänger die synchronisierte Fassung wählt – Tendenz steigend. Synchronisationen sind also weit mehr als ein überflüssiges Feature.

Jeder auf seine Weise

Die Filmsynchronisation beherrscht weiterhin viele Länder Europas und der Welt. Zum Vergleich: Auch Indien, Japan oder China synchronisieren ihre Filme vermehrt. Und unabhängig von den Gründen werden diese Konventionen wohl auch in Zukunft kaum über Bord geworfen: Die Sprachkultivierten werden ihre Filme und Serien weiterhin in Originalfassung schauen und parallel dazu mitlesen, während der andere Teil damit weiterfährt, Filme mit «falscher Stimme und Sprache» zu geniessen. Und beide Gruppen werden nach wie vor davon überzeugt sein, es richtig zu machen.

Nicht sicher, worauf Sie in Ihrer Videoproduktion setzen sollen? Unsere Filmübersetzungen brechen Sprachbarrieren für jede Bildschirmgrösse – schriftlich wie mündlich. Vom Hollywoodfilm bis zum Corporate Video. Und sogar direkt aus dem La La Land.

Titelbild via Unsplash



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Ein Kommentar zu “Synchronisation oder Untertitel? Die Gretchenfrage in der Filmübersetzung”



  • NigelK am 4. September 2022 15:26 Uhr

    Auch Indien, Japan oder China


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