Es ist die Geschichte eines kleinen Prinzen, der die Welt bereist. Und genau das tut er auch in echt: Der Prinz kommt herum. Das französische Kunstmärchen, 1943 von Antoine de Saint-Exupéry geschrieben, ist ein Klassiker internationaler Literatur geworden. Der Text ist heute in 446 verschiedenen Sprachen und Dialekten erhältlich – total macht das 5755 Ausgaben von Abchasisch bis Zulu.
Ideale gehen um die Welt
Doch warum der weltweite Erfolg? Literaturkritiker*innen sind sich einig. Es sind die Themen und Ideale, mit denen sich der Prinz beschäftigt und die bis heute wichtig sind: der Wertewandel der Gesellschaft, Konsum, Besitz, Menschlichkeit, Freundschaft und Liebe. Und dass das Märchen so vielseitig auslegbar ist – als ökologisches Märchen, als Science-Fiction-Geschichte oder als futuristischer Entwurf einer humanistischen Welt. Themen, die Menschen weltweit betreffen – unbhängig von Sprache und Zeit.
Dabei kam der Erfolg eigentlich überraschend: Der Verkauf des Buches lief erst nur schleppend an und kaum jemand interessierte sich dafür. Zum Renner wurde die Geschichte erst nach Saint-Exupérys Tod. 2015, genau 70 Jahre danach, war das Ende seiner Urheberrechte – und damit fiel der Startschuss für viele neue Fassungen.
Ein Prinz ohne Rose
Ein paar der verfügbaren Sprachen sind vom Aussterben bedroht, wie das finnländische Sami oder die uto-aztekische Sprache Nahuat aus El Salvador. Die Übersetzung der Geschichte trug zu ihrer Erhaltung bei. Der Weg dahin? Eine Herausforderung, weil es zum Beispiel für Nahuat kein Wörterbuch gibt und nur noch maximal 2000 Menschen die Sprache sprechen.
So existiert das Wort «Rose» – das Symbol der Prinzenstory überhaupt – auf Nahuat nicht, weil die Blume erst mit den spanischen Einwanderern nach Mittelamerika kam. In der Übersetzung wich man deshalb auf «die rote Blume» aus. Der Dokumentarfilm «The Miracle Of The Little Prince» portraitiert diese indigenen Sprachen und die Arbeit der Übersetzer*innen auf eindrückliche Weise.
Das Buchcover in Abchasisch, Mandarin und Nahuatl (Mexico). Hier geht es zur ganzen Petit Prince Collection.
Die englische Erstausgabe
Der kleine Prinz ist ausserdem eins der wenigen Werke, die zeitgleich im Original und in Übersetzung erschienen – und zwar in englischer. Warum das? Saint-Exupéry hielt sich zur Zeit der Veröffentlichung in New York im Exil auf. Das Besondere daran: Die englische Übersetzung fremdsprachiger Werke war zu der Zeit eine absolute Ausnahme. Und der US-Buchmarkt tut sich sogar bis heute schwer damit. Der Prinz war also in vielerlei Hinsicht eins: ein kleiner Vorreiter seiner Zeit.
Titelbild via Twenty20