Die verfluchte Telefonnummer – und warum im internationalen Marketing auch die Zahlen zählen

Wieso man in China den vierten Stock überspringt, Preise in Japan meist mit einer 8 enden und es in Bulgarien eine Telefonnummer gibt, die niemand haben will? Weil Zahlen Teil der Kultur sind. Und darum auch entscheidend für Ihren Marketingerfolg.

Zahlen helfen uns zu denken. Wir beschreiben damit Verhältnisse und orientieren uns in der Welt. Während Sie diesen Artikel lesen, wissen Sie, was heute für ein Datum ist, wie alt Sie sind und wie viel Sie gerade für Ihr Mittagessen ausgegeben haben.

Wie wir umgekehrt über Zahlen denken, ist selten gleich. Eine einzelne Ziffer löst in den menschlichen Köpfen je nach Religion, Mythologie und Aberglaube verschiedene Emotionen aus – vom Glücksgefühl bis zur blanken Panik. Diese Unterschiede sind besonders dann relevant, wenn Sie in neuen Märkten erfolgreich sein möchten. Denn lokale Besonderheiten zu beachten, beinhaltet oft mehr als das Anpassen von ein paar Daten oder Zeitformaten.

4 und 6: Bringen sie Glück oder den Tod?

Während man hierzulande die 4 mit dem vierblättrigen Kleeblatt und darum mit Glück verbindet, ist sie in der chinesischen Sprache ein Vorbote des Ablebens: Ihre Bezeichnung 四 () klingt ähnlich wie 死 (), was «sterben» bedeutet. Um eine ganze Nation vor nahendem Unheil zu schützen, wird die Zahl aus Pässen, Nummernschildern oder Produktnamen bestmöglich verbannt und viele Gebäude haben offiziell kein viertes Stockwerk.

Bild: Wikimedia Commons

Auch in Japan und Südkorea verkaufen sich aus dem Grund Hausnummern mit einer 4 viel schlechter als solche ohne. Die Zahl einer kranken Person gegenüber zu erwähnen, ist maximal unhöflich, und Geschenke, die in irgendeiner Form aus vier Teilen bestehen (z. B. ein Tellerset), werden im schlimmsten Fall gar als versteckte Morddrohung verstanden.

Dagegen soll die Zahl 6 in China Glück bringen, denn 六 (liù) liegt in der Aussprache nahe an 流 (liú), zu Deutsch «fliessen», als Sinnbild dafür, dass etwas reibungslos abläuft. Für die Zahlenfolge 666 – in christlichen Ländern gemäss neuem Testament die Zahl des Teufels – zahlen viele chinesische Unternehmen extra, weil sie sie unbedingt in ihrer Rufnummer haben wollen.

Im Westen schlägts (meist) dreizehn

Der Bogen, den man in den USA, Grossbritannien oder Skandinavien um die Unglückszahl schlägt, ist so gross, dass man sie bei Sitzreihen oder Hotelzimmern oft vergeblich sucht. Und weil die Furcht vor der Zahl 13 so verbreitet ist, hat sie sogar einen eigenen Namen: Triskaidekaphobie. Der Aberglauben geht vermutlich auf den Maya-Kalender zurück, nach dem am 13. Baktun die Apokalypse eintreten sollte. Judas war laut Bibel zudem der 13. Gast beim Abendmahl und die Mitglieder des Templerordens wurden ausgerechnet an einem Freitag, dem 13. von König Philipp IV. verhaftet.

Von all dem will man in Italien nichts wissen. Hier assoziiert man die Zahl mit dem Schutzpatron Sant’Antonio, dessen immer am 13. des Monats gedacht wird. Deshalb dient sie landesweit als Glücksbringerin. Dafür steht bei unseren südlichen Nachbarn die 17 in Verruf – Schuld ist die römische Schreibweise: Werden die Zahlen anders arrangiert, liest man «VIXI», was auf Lateinisch «Ich habe gelebt» bedeutet und darum oft auf Grabsteinen zu finden ist.

Für Reichtum die Acht, bitte

In China und Japan ist die runde Zahl Sinnbild für den Wohlstand. Was wiederum am Wortklang von 八 () liegt, der an 發 (), den Reichtum, erinnert. Darum versucht man, die Zahl wo irgend möglich einzustreuen. Besonders auf Preisschildern, auf denen man häufig Beträge wie 98, 128 usw. liest.

Bild: Globalphotos.org

Bei der Zahl 9 scheiden sich allerdings erneut die Geister: In China gilt sie als kaiserliche Zahl und soll darum Glück bringen. In Japan jedoch ähnelt 九 () dem Begriff  苦 (ku), der übersetzt «Folter» oder «Leiden» bedeutet – der Grund, warum einige japanische Krankenhäuser und Airlines ganz auf die Zahl verzichten und man bei der Aussprache oft auf kyu ausweicht.

Bei Anruf Fluch

In Bulgarien löst die in Asien hochgelobte Acht Angst und Schrecken aus – und das liegt tatsächlich an der Telekommunikation: Drei aufeinanderfolgende Besitzer der Nummer 0888 888 888 sind in Folge verstorben, was die Telefonnummer zu der meistverhassten des Landes machte. Sie fragen sich, wem die Nummer heute gehört? Durchwählen wäre erfolglos: Sie wurde vom Telekommunikationsanbieter Mobitel inzwischen eingestellt.

Böse Erinnerungen an die Vergangenheit prägen auch die Zahl 26 in Indien: Weil Erdbeben, Tsunamis und Terroranschläge gehäuft an einem 26. vorgefallen sind, hält man die Zahl dort generell für ein schlechtes Omen.

Zahlenfrei oder von Kopf bis Fuss nummeriert

Wie drückt man Mengen aus, wenn eine Sprache erst gar keine Zahlwörter kennt? Die indigenen Völker Munduruku oder Pirahã aus dem Amazonasgebiet machen es vor: Sie beschreiben Dinge mit den relativen Mengenbezeichnungen «hói» und «hoi», die übersetzt etwa «grössere Anzahl» und «kleinere Anzahl» bedeuten.

Und wie war das nochmals mit den Zahlensystemen? Wann ist das römische System (I, II, III) aktuell, wann das arabische (1, 2, 3)? Für die Sprache Oksapmin in Papua-Neuguinea gilt weder noch: Ihre Zahlenwelt beruht auf der 27. Die Bezeichnungen der Zahlenfolge bis 27 decken sich dabei mit 27 Körperteilen, beginnend mit dem Daumen der einen Hand und endend beim kleinen Finger der anderen.

 

Was sagen Ihnen diese Abstecher in die Nummerologie jetzt für das eigene Marketing? Dass Sie die Rechnung in anderen Märkten nicht ohne die Bedeutung von Zahlen machen sollten. Sie sind fester Bestandteil der Kommunikation und senden in Slogans, Produktnamen, Preisen bis hin zu Telefonnummern Signale mit. Zudem finden sie sich in Redewendungen wieder (aller guten Dinge sind drei, Fünf gerade sein lassen usw.), die sich nicht eins zu eins in eine andere Sprache übersetzen lassen. Sollten Sie bei der Umsetzung Ihrer nächsten Kampagne also Hilfe benötigen – wir haben den sechsten Sinn dafür.

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