Verständlichkeit ist ein mächtiges Instrument. Eins, von dem die Werbung schon geschickt Gebrauch macht. Die besten Slogans kommen mit gerade einmal fünf Wörtern aus. Und die erfolgreichsten Kampagnen erklären ein Angebot so, dass es Vorschulkinder verstehen. Sobald es aber um Texte mit Nutzwert geht, tut sich bei vielen Brands eine Schere auf. Zum Beispiel beim Websitetext, der kompliziert geschrieben ist. Beim Kundenbrief, der Raum für Spekulationen lässt. Oder beim Onlinesupport, der nicht wirklich supportet. All das beeinflusst genauso, wie eine Marke wahrgenommen wird. Und bestimmt am Schluss darüber, ob sie den Weg zu den Kund*innen findet.
Eine erfolgreiche Brandkommunikation überzeugt also vor allem damit, dass sie über alle Kontaktpunkte hinweg zu ihrem Wort steht. Das gelingt, indem man Einfachheit ganzheitlich im Unternehmen verankert. Mit Plain Language geschieht das Ganze mit System. Und, wie zahlreiche Unternehmen (z. B. Generali) beweisen, auch erfolgreich.
Was ist Plain Language?
Plain Language ist die Sprache, die die breite Bevölkerung versteht. Viele Unternehmen kommunizieren auf einem (zu) hohen Sprachniveau. Auf Websites, in Informationsbroschüren, Verträgen oder Handbüchern publizieren sie anspruchsvolle Texte. Die Mehrheit der Menschen versteht diese Texte nicht. Warum? Sie sind auf dem Sprachniveau B2 oder höher verfasst. 60 % der Gesellschaft erreicht aber maximal das mittlere Sprachniveau B1.
Ein Beispiel: Sie haben ein neues Servicetool entwickelt und möchten dieses unter die Leute bringen. Sie sind also Fachexperte auf dem Gebiet, Ihr Publikum kennt sich dagegen höchstens am Rande damit aus. Werfen Sie jetzt mit Fachbegriffen um sich, verstehen Sie die wenigsten. Oder sie verstehen Sie falsch. Kundenfreundlich ist beides nicht.
Plain Language schafft Abhilfe, indem sie Texte auf das mittlere Sprachniveau B1 und damit an die Lesekompetenz der breiten Bevölkerung anpasst. Mit dem Resultat, dass Personen und Unternehmen allgemein verständlich schreiben und kommunizieren. Und Kund*innen jederzeit wissen, was zu tun ist. Egal, ob sie gerade ein Werbeplakat lesen oder sich durch die AGBs klicken.
Das gängige Konzept der leichten Sprache zielt in eine ähnliche Richtung, bringt aber komplexe Gedanken teils nur schwer aufs Papier, weil es da um maximale Reduktion geht. Plain Language hingegen trimmt mit ein paar einfachen Prinzipien selbst die komplizierteste Bedienungsanleitung auf Verständlichkeit. Und zwar so lange, bis sie auch jene verstehen, die zum ersten Mal eine Software einrichten oder ein Regal aufbauen.
Wie funktioniert das Ganze?
Plain Language rückt die Leser*innen aktiv ins Zentrum. Jeder Satz wird so geschrieben, dass er Leser*innen auf Anhieb abholt. Dafür gibt es klare Regeln und Grundsätze, die unter dem Dach von Plain Language Europe zusammenlaufen. Insgesamt geht es darum: Was ist das Ziel des Texts? Und welche Form braucht er, damit er am Ziel ankommt?
Wichtige sprachliche Maximen dafür sind:
- Konkrete und gängige Wörter brauchen.
- Aktiv- statt Passivsätze schreiben.
- Wenige Fremdwörter und Fachbegriffe nutzen.
- Mit kurzen Abschnitten und Zwischenüberschriften arbeiten.
- Verschleiernde, beschönigende Umschreibungen vermeiden.
- Keine doppelte Verneinung und keine Klammerkonstruktionen verwenden.
In einem Versicherungsschreiben sähe das dann so aus:
Text vorher | Text in Plain Language |
Damit wir Sie bezüglich der Rechnungsprüfung bestmöglich entlasten können, bieten wir Ihnen an, uns selbst um die Anforderung zu kümmern. Da die Ärzte beziehungsweise die Verrechnungsstelle aber der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, darf die Beantwortung nur mit Ihrem Einverständnis erfolgen. Gerne können Sie dafür unseren besonderen Service des Rechnungs-Checks nutzen. Dazu benötigen wir die zweite Seite des beigefügten Formulares unterschrieben zurück. | Unser Rechnungs-Check. Wir kümmern uns für Sie. |
Und was schaut für Sie dabei raus?
Mit Plain Language kommunizieren Sie für die breite Masse. Sie sprechen also automatisch mehr Leute an. Aber fast noch wichtiger: Sie heben sich durch die neue Haltung vom ganzen Rest ab. Oder was glauben Sie, wie es ankommt, wenn der Grossteil Ihrer Mitbewerber*innen missverständlich kommuniziert und Sie nicht?
Die Entscheidung für klare Worte wird damit zum wertvollen Unterscheidungsmerkmal, das Sie aktiv als Brandinginstrument nutzen können. Zum Beispiel, indem Sie sich Einfachheit gross auf die Fahne schreiben. Bei Ihnen erlebt man sie schliesslich fortan über jeden Kontaktpunkt. Wer eine andere Erfahrung macht, kriegt den Service kostenlos. Ganz einfach.
Durchgehend deutlich und transparent zu kommunizieren, wirkt vertrauenswürdig. Und Vertrauen ist der erste Schritt zum Kaufentscheid. Weil es bei Kund*innen das gute Gefühl hinterlässt, über eine Sache im Bilde zu sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei dieser Sache um eine Versicherung, eine Software oder einen Turnschuh handelt. Menschen kaufen das, was sie verstehen.
Weitere angenehme Nebeneffekte sind:
– Schnelleres Handeln: Verständliche Texte wirken und lösen bei Menschen eher eine Reaktion aus. Und zwar eine in die richtige Richtung: Sie klicken, buchen oder kaufen, statt abzuspringen. Auf der Landingpage, im Newsletter oder beim nächsten Salespitch.
– Geringerer Supportaufwand: Eine einfache Kommunikation reduziert Unklarheit und löst Probleme, bevor sie entstehen. Das Resultat sind weniger Supportanfragen und ein entlasteter Kundenservice. Das wiederum spart Zeit und Geld.
Wie Sie Plain Language erreichen? Indem Sie Texte überarbeiten lassen. Oder lernen, es gleich selbst zu tun. Zum Beispiel im E-Learning für Unternehmen. So oder so: Mit Klartext kommen Sie da an, wo Sie wollen – bei Ihren Kund*innen.
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