Als Marke einen eigenen Tonfall zu definieren, bedeutet viel mehr, als sich für „du“ oder „Sie“ zu entscheiden oder die ewige Genderfrage zu klären. Es geht dabei um eine Gesamtstimmung, die Sie mit Ihrer Kommunikation erzeugen wollen. Was möchten Sie auslösen: Eine Atmosphäre von Sicherheit und Vertrauen? Ein Lächeln? Oder romantische Gefühle?
Da je nach Publikum unterschiedliche Sounds Gehör finden, muss die Entscheidung in jedem Fall zielgruppenabhängig getroffen werden. Von einer Lifestyle-Marke erwartet man schliesslich eher Gute-Laune-Texte als von einer Steuerfirma. Aus dem Grund gehen einem erfolgreichen Tone of Voice immer ein klares Brandkonzept und eine Zielgruppenanalyse voraus – womit schon die bekanntesten Marken erfolgreich ihre eigene Stimme entdeckten.
Geht es dann ans Eingemachte, führt der schnellste Weg zum Ziel über das Ausprobieren. Nehmen Sie dazu Ihre bestehenden Texte unter die Lupe: Was davon klingt gut, was ging total daneben? Und wie verändert sich die Wirkung, wenn Sie mit der Tonalität spielen?
Wir machen das mal vor. Angenommen, Sie möchten Werbung für eine Matratze machen:
Formell:
Unsere Matratze verhilft Ihnen zu einem gesunden und tiefen Schlaf.
Locker:
Auf dieser Matratze döst du direkt ins Nirvana.
Seriös:
Die Matratze für jede Schlafposition. Erhältlich in drei Härtegraden.
Witzig:
Ob Seestern oder Flamingo – in diesem Bett fühlen sich alle Tiere wohl.
Verspielt:
Über Nacht in den Himmel zu kommen war nie einfacher.
Persönlich:
Passionierter Seitenschläfer? Dann haben wir die perfekte Lebensbegleiterin für dich.
Distanziert:
Für gesunden Schlaf und ein angenehmes Bettklima.
Dominant:
Weil sich alles andere anfühlt, wie auf einer Pritsche zu pennen.
Und jetzt das Ganze noch für eine Anlageberatung:
Seriös:
Ihr Anlageberater des Vertrauens seit 2005.
Locker:
Du hast das Geld. Wir den Plan.
Distanziert:
Individuelle Lösungen und kompakte Angebote zur Abdeckung aller Bedürfnisse.
Persönlich:
Ihr Geld, Ihre Zukunft, Ihr Weg. Finden wir gemeinsam die beste Strategie dafür.
Verspielt:
Mein Name ist Bond. Zerobond.
Elegant:
Investieren im Einklang mit Ihren Werten. Vom Edelmetall bis zum nachhaltigen Vorsorgefonds.
Traditionell:
Ihre persönlichen Finanzen in professionellen Händen.
Zwanglos:
Jetzt anlegen, damit später was drinliegt.
Mit dem eigenen Tone of Voice können Sie sich als Brand selbst mit kleinem Budget differenzieren. Nämlich dann, wenn von 30 Matratzen-Anbieter*innen 29 gleich kommunizieren und Sie der eine sind, der sich vom Rest abhebt. Oder indem Sie wie die Schweizer Privatbank Hyposwiss auf den für Anlegeberater typischen seriösen Ton pfeifen und stattdessen mit unverblümter Ehrlichkeit den Nagel auf den Kopf treffen:
Damit auch Sie Ihren Ton finden, haben wir eine Skala zum Abspeichern erstellt. Die Regler stellen Sie einfach je nach Publikationsformat fein – in einem Social-Media-Post ist vermutlich eine etwas andere Ausprägung gefragt als in den AGB. Als Resultat erhalten Sie Ihren ganz eigenen Stilmix.
Benötigen Sie Hilfe beim Durchspielen? Oder bist du schon voll betriebsblind und hast Bock auf einen Blick von außen? Wir sind gerne Vocal Coach.
Titelbild via Pexels
2 Kommentare zu “Tone of Voice: So finde ich die richtige Stimme für meine Marke”
Dieses Tone-of-Voice Polaritätenprofil (Skala) ist voll von Vorurteilen und Unstimmigkeiten. Kann man nicht auch seriös (vertrauenswürdig) und witzig gleichzeitig sein (Beispiel UK)?. Genau das ist eigentlich Witz: Gewitztheit, Esprit, Wissen. Auch sonst stimmt wenig – insbesonderer: das Geheimnis von Eleganz IST die Zwanglosigkeit (Gewandheit, Anmut, Sprezzatura, je ne sais quoi in Japan: ga und fuga). Für die meisten anderen Paare lässt sich Ähnliches sagen.
Hallo Herr Luckow,
danke für Ihren Kommentar. Ein Tonfall kann natürlich auch in beide Richtungen ausschlagen. Die Pole sind darum auch nicht als sich gegenseitig ausschließende Merkmale zu verstehen, sondern sollen lediglich eine (nicht komplette) Bandbreite von verschiedenen Tonlagen und Tendenzen zeigen, denen sich Marken häufig bedienen.
„Das Geheimnis von Eleganz ist die Zwanglosigkeit.“ – Interessanter Ansatz. Mit „zwanglos“ meinen wir an der Stelle eine alltägliche, weniger gehobene Sprache. Vielleicht hätte „informell“ oder „salopp“ als Beschreibung besser gepasst. Aber dann gibt es wieder Überschneidungen mit der ersten Paarung. Sie sehen: Nicht nur lässt sich ein Sprachstil nicht so leicht in ein Korsett zwängen. Sondern das Korsett lässt sich auch nicht so einfach nähen. Wir hoffen, unser Versuch hilft trotzdem der/dem einen oder anderen weiter.
Supergrüße