Die Zutaten waren denkbar simpel: Ein Mann und eine Frau plaudern in einem Restaurant in New York. Dann fängt die junge Blondine aus dem Nichts an zu stöhnen. Zuerst ganz leise, dann immer lauter und lauter, bis es in einem lauten «Ja!» kulminiert.
Die Orgasmus-Szene aus dem Film «Harry und Sally» hat Kultstatus. Ebenso kultig ist der Satz, der auf die spektakuläre Darbietung von Meg Ryan folgt. Die Dame am Nebentisch sagt zum Kellner: «I’ll have what she’s having». Boom – Filmgeschichte.
Nun stellen Sie sich vor, der Film wäre maschinell übersetzt worden.
Hätten die Macher*innen auf Google Translate gesetzt, wäre dabei «Ich nehme das gleiche wie sie» herausgekommen. Weniger knackig, weniger pointiert, aber immerhin nicht weit vorbei an der tatsächlichen Übersetzung «Ich will genau das, was sie hatte». Mit Bing oder Reverso wäre aus der augenzwinkernden Bestellung dagegen eine leicht irritierende Prophezeiung geworden. Die spucken «Ich werde haben, was sie hat» aus.
So richtig merkwürdig wäre es aber mit DeepL geworden: «Ich nehme das, was sie isst.» Nun gut … Meg Ryans Sandwich bei dem berühmten Katz’s Delicatessen in der Lower East Side sieht zwar vorzüglich aus, aber das ist in dieser Szene nun wirklich überhaupt nicht der Punkt. Nur weiss das die Machine-Translation-Engine dummerweise nicht.
Weitere Beispiele gefällig? Wir haben die gängigsten Übersetzungsmaschinen mit berühmten Filmzitaten gefüttert.
E.T.
Original EN: E.T. phone home.
Original DE: E.T. nach Hause telefonieren.
Google Translate: E.T. Zuhause anrufen.
DeepL: E.T. Telefon nach Hause.
Bing: E.T. Telefon nach Hause.
Reverso: E.T. rufen Sie nach Hause.
Fazit: Bis auf Reverso sagen alle Versionen dasselbe aus wie im Original. Die tatsächliche Übersetzung hat aber keine der Maschinen vorgeschlagen. Kein Wunder. Diese sehr reduzierte Sprache zu vertehen und korrekt und ebenfalls reduziert aber verständlich zu übersetzen, braucht schon ziemlich viel Fingerspitzengefühl.
Vom Winde verweht
Original EN: Frankly, my dear, I don’t give a damn.
Original DE: Ehrlich gesagt, meine Liebe, das ist mir egal.
Google Translate: Ehrlich gesagt, meine Liebe, ist mir das völlig egal.
DeepL: Ehrlich gesagt, meine Liebe, ist mir das völlig egal.
Bing: Ehrlich gesagt, meine Liebe, ist es mir scheissegal.
Reverso: Ehrlich gesagt, meine Liebe, ist mir egal.
Fazit: Falsch ist keine der Formulierungen, aber ob es Clarke Gabel nun «scheissegal», «völlig egal» oder eben nur «egal» ist, gibt der Szene definitiv einen anderen Ton.
Ausserdem interessant: Aus dem englischen Original wird nicht klar, ob der Satz zu einem Mann oder einer Frau gesagt wird. Trotzdem gehen alle vier Engines davon aus, dass der Satz an eine weibliche Person gerichtet sein muss. Weshalb? Weil Machine-Translation-Tools über die Trainingsdaten leider einen ziemlich mächtigen Gender-Bias eingeimpft bekommen.
La Haine
Original FR:
Jusqu’ici tout va bien. Jusqu’ici tout va bien. Jusqu’ici tout va bien. Mais l’important, c’est pas la chute. C’est l’atterrissage.
Original DE:
Bis hierher lief’s noch ganz gut. Bis hierher lief’s noch ganz gut. Bis hierher lief’s noch ganz gut. Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung.
Google Translate:
So weit, ist es gut. So weit, ist es gut. So weit, ist es gut. Aber das Wichtigste ist nicht der Herbst. Es landet.
DeepL:
Bisher ist alles in Ordnung. Bisher ist alles in Ordnung. Bisher ist alles in Ordnung. Aber das Wichtigste ist nicht der Fall. Es ist die Landung.
Bing:
So weit, so gut. So weit so gut. So weit so gut. Aber das Wichtigste ist nicht der Sturz. Es ist die Landung.
Reverso:
Bis jetzt ist alles in Ordnung. Bis jetzt ist alles in Ordnung. Bis jetzt ist alles in Ordnung. Aber wichtig ist nicht der Sturz. Es ist die Landung.
Fazit: DeepL, Bing und Reverso geben das Gemeinte zwar nicht schön, aber korrekt wieder. Anders bei Google Translate, wo der Text nicht nur unzusammenhängend sondern auch inhaltlich falsch ist. Wie kann das sein?
Unser Französisch-Team fand (nach einigem Gelächter) eine ziemlich einleuchtende Erklärung. Offenbar setzt Google Translate für die Kombination Französisch → Deutsch auf eine sogenannte Relaisübersetzung via Englisch. Das französische Original wird also erst ins Englische übertragen, wo «la chute» zu «the fall» wird. Soweit alles korrekt. Das Problem ist dann der zweite Teil, denn im US-Englischen steht «the fall» nicht nur für den Fall oder Sturz, sondern auch für den Herbst.
Star Wars
Original EN: May the Force be with you.
Original DE: Möge die Macht mit dir sein.
Google Translate: Möge die Macht mit dir sein.
DeepL: Möge die Macht mit Ihnen sein.
Bing: Möge die Macht mit euch sein.
Reverso: Möge die Macht mit dir sein.
Fazit: Hmm … mit wem die Macht denn nun sein soll, ist gar nicht mal so klar. Wie auch? Ohne weitere Angaben kann das englische «you» für alle genannten Varianten stehen. Das zeigt auch: Beim Übersetzen liegt die eigentliche Macht nicht im Text, sondern im Kontext.
Terminator
Original Englisch: Hasta la vista, Baby
Original Deutsch: Hasta la vista, Baby.
Google Translate: Bis später, Süße
DeepL: Auf Wiedersehen, Baby
Bing: Hasta la vista baby
Reverso: Wir sehen uns, Baby
Fazit: Hier wird es interessant. Denn die Maschinen stehen nicht nur vor der Frage, wie man die ikonische Passage ins Deutsche übersetzt, sondern ob das überhaupt nötig ist. Wer Terminator gesehen hat, weiss, dass sich die Filmcrew für Letzteres entschieden hat – und damit goldrichtig lag. Oder können Sie sich vorstellen, dass sich ein langweiliges «Auf Wiedersehen, Baby» oder «Bis später, Süße» ebenfalls ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hätten?
Die Kunst beim Übersetzen besteht speziell bei Filmen eben auch darin, zu erkennen, wann es keine Übersetzung braucht und man einen ikonischen Satz einfach so stehen lassen und den Zuschauerinnen und Zuschauern zumuten darf.
Und was sagt uns das jetzt?
Die Beispiele zeigen: Machine Translation ist mittlerweile ziemlich zuverlässig, wenn es darum geht, die Bedeutung eines Texts grob wiederzugeben. Es klappt zwar nicht immer, aber doch meistens.
Was den Maschinen aber immer fehlt, ist der Kontext – und in der Folge das Feingefühl.
Wer sagt das zu wem? In welchem Zusammenhang? Mit welcher Absicht? Und welchem Tonfall? Diese impliziten Elemente sind oft mindestens so wichtig wie der Textinhalt selbst.
Klar, wir verstehen meistens, was uns die maschinelle Übersetzung sagen will. Sie in ihrer reinen Form zu lesen oder hören ist aber weder angenehm noch besonders überzeugend.
Heisst für Sie: Menschliche Profis ins Boot zu holen lohnt sich überall da, wo Sie auf Nummer sicher gehen wollen. Dazu kommen alle Fälle, in denen es nicht nur ums Verständnis, sondern auch um den Stil (und damit die Sympathie Ihnen gegenüber) geht. Insbesondere bei Texten für Marketing und Werbung.
Zum Glück bieten Sprachdienstleister mit dem sogenannten Post-Editing maschineller Übersetzungen eine günstige Alternative zur 100 % menschlichen Variante an. Dabei überarbeiten erfahrene Profi-Übersetzer*innen, was die Maschine ausspuckt. Und zwar so lange, bis jedes Wort sitzt.
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