Übersetzungsroboter

Keine Angst vor den neuen Roboter-Overlords

Warum es trotz maschineller Übersetzung noch den Menschen braucht.

Kunden, die nicht einsehen, warum sie für eine Übersetzung zahlen sollen, wenn sie ihren Text einfach bei Google Translate eingeben können. Unternehmen, die Übersetzer zu Endredakteuren degradieren, um ihnen weniger Lohn zahlen zu müssen. Familienmitglieder, die einem ständig Artikel darüber zusenden, wie neue Technologien Übersetzer überflüssig machen. Es gibt viele Gründe, warum maschinelle Übersetzung den Übersetzern Sorgen bereiten sollte. Doch aller Panik angesichts des Siegeszugs der künstlichen Intelligenz zum Trotz bot das von der Europäischen Kommission organisierte Forum «Europa übersetzt» einen hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft.

An der jährlich stattfindenden Konferenz stellten Wissenschaftler und Programmierer kürzlich verschiedene neue Technologien vor, die von alltäglichen Arbeitsmitteln wie der neuesten Trados-Version bis zu wirklich futuristischen Ideen wie dem neuen Google-Projekt zur neuronalen Maschinenübersetzung reichten. Auch wenn unter den anwesenden Übersetzern eine gewisse Beunruhigung auszumachen war, gaben sich die meisten Referenten alle Mühe, nicht nur die Nachteile, sondern vor allem die Vorteile der laufenden Entwicklung darzulegen.

Forum «Europa übersetzt»

Die Frage ist, wie wir die maschinelle Übersetzung nutzen sollten – nicht ob.

Experimente um festzustellen, in welcher Reihenfolge Übersetzer unterschiedliche Ressourcen nutzen, wenn sie an einem schwierigen Text arbeiten, könnten helfen, individuelle Übersetzungsumgebungen zu schaffen, regte Amélie Josselin-Leray von der Universität Toulouse an. Keynote-Referent Jost Zetzsche dagegen schwärmte vom Potenzial der automatischen Übersetzung auch auf der Wortebene (im Gegensatz zur Segmentebene) und führte an, dass Übersetzer maschinelle Übersetzungsvorschläge zunehmend als Inspirationsquelle nutzen werden, statt diesen autoritätshörig zu folgen. Um aufzuzeigen, dass die Zukunft längst nicht so düster aussieht, wie es uns die Medien glauben machen wollen, zog er Parallelen zwischen der aktuellen Angst vor der maschinellen Übersetzung und den Bedenken, die in den Neunzigerjahren gegenüber CAT-Tools geäussert wurden.

Auch wenn die Meinungen zu anderen Themen auseinandergingen, in zwei Dingen waren sich alle Referenten einig: Erstens, dass die maschinelle Übersetzung irgendwann unweigerlich zu einer Abrechnung nach Stundensätzen statt nach Wortpreisen führen wird. Und zweitens, dass für die Transkreation eine einzigartige Kombination von Fähigkeiten nötig ist, die auch den modernsten Computer alt aussehen lassen. Ein Bewusstsein für kulturelle Unterschiede und ein überzeugender Schreibstil werden deshalb künftig umso wichtiger.

Abgesehen von der Debatte über die maschinelle Übersetzung bot das Forum spannende Ausblicke auf das grosse Potenzial, das sich durch die gekonnte Verknüpfung von Übersetzung und Technologie ergibt. Andrew Bredenkamp von Übersetzer ohne Grenzen hielt einen inspirierenden Vortrag dazu, wie sich die sozialen Medien nutzen lassen, um Übersetzungen in Notfällen zu beschleunigen. Er nannte Twitter als wichtiges Instrument, um Übersetzerteams zusammenzustellen und schnell mehrsprachige Glossare zu erarbeiten oder zu prüfen. Ausserdem helfen moderne Technologien Hilfskräften nicht nur dabei, Ratschläge und Warnungen in die lokale Sprache zu übersetzen – sie stellen auch sicher, dass verfügbare Ressourcen durch die Übersetzung von in den sozialen Medien veröffentlichten Hilfeaufrufen gezielt eingesetzt werden. Wenn so die Zukunft der Übersetzung aussieht, dann habe ich nichts dagegen.

Bild via Flickr: blue robot – Peyri Herrera (CC BY-ND 2.0)



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